Gottvater, ein Engel mit dem Flammenschwert zu Eva gewandt, ein anderer Engel mit einem Zweig zu Maria gewandt

P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung
IV. Von der Übertretung der Gebote oder von der Sünde
§ 2. Von den verschiedenen Gattungen der Sünde

Die verschiedenen Gattungen von Sünden

Alle Sünden kommen darin überein, daß sie eine Beleidigung Gottes, ein Ungehorsam und Undank gegen Gott sind, daß sie alle, je nach ihrer Schwere, bittere Folgen und strenge Strafen nach sich ziehen. Man pflegt nichts desto weniger mehrere Gattungen oder Klassen von Sünden zu unterscheiden. Der Grund dieser Unterscheidung liegt darin, daß diese verschiedenen Gattungen eine eigentümliche und besonders bemerkenswerte Art der Bosheit an sich tragen. Es sind namentlich vier solcher Gattungen, die man vor andern hervor zu heben pflegt, nämlich 1. die sieben Hauptsünden; 2. die sechs Sünden wider den Hl. Geist; 3. die vier himmelschreienden Sünden; 4. die neun fremden Sünden.

1. Von den sieben Hauptsünden

Die Hauptsünden heißen nicht so, weil sie an sich schwerer sind als andere Sünden. Verschiedene andere Sünden sind ihrer Natur nach erheblich größer und abscheulicher, z. B. Die Gotteslästerung, der vorsätzliche Totschlag. Auch wäre es ein Irrtum, zu glauben, daß jeder einzelne zur Gattung der Hauptsünden gehörige Fehler als Todsünde angesehen werden müßte. Dieses ist wie bei jeder andern Übertretung der göttlichen Gebote nur dann der Fall, wenn dadurch eine schwere Pflicht, sei es gegen Gott oder gegen den Nächsten oder auch gegen uns selbst verletzt wird. Wenn z.B. jemand aus Trägheit im Dienste Gottes einmal das Morgen- und Abendgebet unterläßt, so macht er sich keiner schweren Sünde schuldig; versäumt er aber aus demselben Grunde am Sonntag die hl. Messe, so versündigt er sich schwer. Die Hauptsünden werden so genannt, weil sie ebenso viele Hauptquellen sind, woraus, die andern Sünden entspringen. Derjenige nämlich, welcher einer dieser Hauptsünden unterworfen ist, wird infolge dieses bösen Hanges je nach Umständen bald diese, bald jene Pflicht in mehr oder weniger schwerer Weise verletzen. So wird z.B. der Zornmütige gar leicht schelten und fluchen, zuweilen selbst Gotteslästerungen ausstoßen; ebenso ist er geneigt zu Zank und Streit und andern Verletzungen der Nächstenliebe; sogar Mord und Totschlag sind nicht selten die Folge unbeherrschten Zornes. Ähnlich ist es mit den übrigen Hauptsünden. – Daraus ist leicht ersichtlich, daß der Name „Hauptsünde“ nicht sowohl einen sündhaften Akt als vielmehr eine sündhafte Neigung oder Leidenschaft, d.h. Ein Laster bezeichnet. Darum ist auch die Lehre von den Hauptsünden gleichbedeutend mit der Lehre von den Hauptlastern. Hauptsünden oder Hauptlaster sind nach dem hl. Gregor dem Großen (Moral. 1. 31. cap. 31) und sämtlichen Theologen folgende:

1. Hoffart,

2. Geiz,

3. Unkeuschheit,

4. Neid,

5. Unmäßigkeit im Essen und Trinken,

6. Zorn,

7. Trägheit.

Quelle: P. Joseph Deharbes größere Katechismuserklärung, Bd. 2, 1912, S. 345-346