Die Gemeinschaft der Heiligen

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Die Gemeinschaft der Heiligen

F. X. Weninger SJ: Katholizismus, Protestantismus und Unglaube

Beiträge von Franz Xaver Weninger: österreichischer Jesuit, geistlicher Schriftsteller und Volksmissionar

Erster Abschnitt – Gegenüberstellung der Lehrsätze

12. Die Gemeinschaft der Heiligen

Gleichwie der Christ sich getröstet fühlt, dass er mit den Verstorbenen und noch im Fegefeuer leidenden Seelen in Verbindung steht, ebenso und noch mehr fühlt er sich getröstet, wenn er hoffen darf, dass sie schon bei Gott in den ewigen Freuden sind, dass diese Seligen um ihn wissen und Gott für ihn bitten.

Der katholische Glaube lehrt dieses. Die heiligen, unsere bereits an dem Ziel der Seligkeit angekommenen, in Gott verklärten Mitbrüder, so lehrt der katholische Glaube, wissen um uns, sie nehmen Anteil an uns, sie bitten für uns, denn sie lieben uns. –

Nicht, als ob wir nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort unser Gebet unmittelbar an Gott selbst richten dürften; aber der Schöpfer der Natur und Gnade wollte uns, als Glieder einer großen Gottesfamilie, durch das Band wechselseitiger und wirksamer Liebe so innig als möglich verbinden. Dies geschieht eben durch diese Anordnung seiner göttlichen Vorsehung, dass die Seligen im Himmel sich für uns tätig erweisen können. Dadurch werden wir zugleich an ihr Tugendvorbild erinnert und zu ihrer Nachfolge ermuntert.

Wahrlich, wie trostreich und erhebend zugleich wirkt dieser Glaubenssatz auf unser Herz? Fühlen wir uns da schon auf Erden getröstet, wenn Menschen, die wir lieben, uns ihr Gebet versprechen. Verlangt doch der Apostel Paulus selbst die Hilfe des Gebetes der Gläubigen. Eltern fühlen diesen Trost, wenn ihre Kinder diese Pflicht heiliger Liebe gegen sie erfüllen, und Kinder fühlen sich getröstet, wenn sie wissen, dass ein guter Vater, eine gute Mutter für sie betet. –

Wie oft erfährt der Priester ihm heiligen Amt, welch ein Trost die Herzen anderer erfüllt; wenn er sein Gebet für dieselben aufzuopfern verspricht. Um wie weit mehr muss uns nicht die Teilnahme der Seligen für uns im Himmel mit Trost erfüllen, wenn Eltern sich denken dürfen, meine unschuldig dahingeschiedenen Kinder beten im Himmel für mich, und hinwieder, wenn die Kinder dies von ihren Eltern zuversichtlich hoffen, die vor ihnen selig im Herrn entschlafen sind.

Welcher Trost überhaupt liegt nicht für alle Gläubigen auf Erden, bei dem Dahinscheiden ihrer lieben und teuren Freunde in dem Gedanken: Wir haben einen Mitbruder auf Erden verloren, aber dafür eine Fürbitter im Himmel gewonnen. So weht unablässig der Odem des Lebens und wechselseitiger Liebe von den Höhen des Himmels uns entgegen und belebt in unseren Herzen die Sehnsucht nach der Heimat des Paradieses und erhöht zugleich den Mut, den Kampf des Lebens standhaft durchzukämpfen, weil wir uns zugleich geschützt und geschirmt wissen durch die Teilnahme so vieler und mächtiger Mitkämpfer und Freunde, die in diesem Kampf bereits siegreich überwunden haben.

Was aber die Heiligen im eigentlichen und strengen Sinn des Wortes betrifft, nämlich diejenigen, deren heldenmütige Tugend Gott selbst durch Wunder verherrlicht hat und noch verherrlicht, wie sollte die Erinnerung an dieselben uns nicht trösten? Ihre Tugendgröße wird ja selbst von den Protestanten häufig hochgepriesen und angestaunt. Nun denn, sie gehören allesamt und sonders der katholischen Kirche an. Alle die unzähligen Scharen der heiligen Jungfrauen, Bekenner, Priester, Bischöfe und die heiligen Märtyrer haben die katholische Kirche auf Erden ihre Mutter genannt. In der Glaubens- und Kirchengemeinschaft aller dieser so edlen und ruhmgekrönten Helden der Tugend zu leben, ist ein hoher Trost.

Der Protestantismus raubt sich diesen Trost. Er leugnet, dass die Heiligen für uns im Himmel wirksam zu beten imstande seien, und meint, so etwas annehmen, tue dem Ansehen Christi als Mittler beim Vater Abbruch. Er vergisst auf solche Weise, oder will es nicht beachten, was der katholische Glaube doch so laut bekennt: dass nämlich die Heiligen, was sie sind und tun, nur durch Christus geworden und zu tun imstande sind. Tot oder lebendig, hier oder dort, sind die Seinigen ein Reich der Liebe und sind eins in Ihm.

Der Protestantismus hingegen setzt die Seligen getrennt von uns in endlose Fernen, so dass keine Spur einer Lebensgemeinschaft mit ihnen als Gliedern einer Familie sich äußert. Der Protestantismus lässt den Tod ganz Tod sein. Welch eine eisige, todesstarre Trostlosigkeit liegt in dieser Auffassung der Gemeinschaft der Glieder der Kirche?

Das ist in gedrängter Übersicht die Reihe jener Glaubenssätze der katholischen Religion, welche der Protestantismus aus dem Bekenntnis des geoffenbarten Wortes Gottes ausgeschieden und verworfen hat. Wer prüft, der, hoffe ich, wird auch klar und deutlich erkennen, dass ich meine Behauptung bewiesen habe, die ich in der Einleitung aufgestellt, dass nämlich der Protestantismus gerade dasjenige aus dem christlichen Bekenntnis ausgeschieden und verworfen, was zumeist das Herz des Menschen tröstet und ermutigt und dafür Ansichten aufgestellt hat, die ihm den Stempel der Trostlosigkeit aufdrücken. –

Ich habe demnach auch das Recht, mit Befremden die Frage an euch zustellen: Wie konnten eure Väter eine solche Religion der Trostlosigkeit gegen die des Trostes und der beseligendsten Hoffnung vertauschen, und wie könnt ihr derselben so lange blindlings anhängen? Wollte ich doch, abgesehen von den ewigen Folgen, tausendmal lieber Katholik als Protestant sein, bloß um des Trostes willen, den die katholische Lehre meinem Herzen auf Erden spendet.

Der berühmte Lessing sagte einst: „Wenn ich bedenke, was ein katholischer Priester glaubt, so kann ich mir kein Wesen denken, das sich glücklicher fühlt, als ein Priester.“ Welch ein denkwürdiger und herrlicher Ausspruch. –

Wer könnte auch anders urteilen, wenn er vergleicht und denkt. Den wie sollte ein Mensch sich nicht glücklich fühlen, der sich im Besitz einer solchen geistlichen Macht weiß, wie ein Priester der katholischen Kirche, als Stellvertreter Christi und Ausspender der Gnadengeheimnisse des Neuen Testamentes. –

Ich weise bloß auf eine dieser geistlichen Befähigungen hin, und das ist die Macht und Befähigung, das Opfer des Neuen Bundes dem himmlischen Vater darzubringen. –

Du brauchst den Priester nur zu fragen: Glaubst du? Um zu ahnen, welch eine Wonne des Geistes es für eine durch das Blut Christi erkaufte Menschenseele sein müsse, einen solchen Umgang mit Jesus zu pflegen und für sich und andere ein solches Opfer darzubringen. Der Priester steht, wie kein anderer Sterblicher, durch die Darbringung dieses Opfers an der Krippe und auf dem Kalvarienberg. –

Was soll ich von dem Trost der Verwaltung der übrigen Gnadengeheimnisse der Erlösung sagen, an deren Quelle der katholische Priester steht, um aus derselben für sich und andere die Segnungen des Heiles zu schöpfen.

Ähnliches lässt sich aber auch von dem Glück sagen, das jedem Angehörigen der katholischen Kirche durch den Gebrauch all jener Mittel des Heiles zuteil wird, welche die Kirche durch ihr Wort und ihre Sakramente demselben bietet.

Lessing hätte ebenso gut sagen können: „Wenn ich bedenke, was ein katholischer Christ glaubt, so kann ich mir keinen Menschen denken, der sich glücklicher fühlt als ein Kind der katholischen Kirche.“ – Das ist aus dem bewiesen, was wir bisher gesagt. Der berühmte Lavater tat es, anstatt Lessings. Er sagt: „Ich halte den konsequenten (d. h. im Glauben und Leben konsequenten) Katholiken für eines der verehrungswürdigsten und glückseligsten Produkte der Menschheit.“ –

Ja wohl das glückseligste, denn der Katholik kostet durch die Gewissheit des heiligen Glaubens und seiner Verheißungen und durch die Tröstungen der Güter des heiligen Glaubens, deren wir soeben erwähnten, jenen Frieden, dessen Süßigkeit, wie der Apostel bezeugt, jeden Begriff übersteigt, und den weder die Welt noch eine andere Religion kennt, noch geben kann.

Ich erinnere mich an einen Fall, den ich in Milwaukee bei der Erneuerung einer Mission erlebte. Es ging mir ein gebildeter Mann, ein Arzt, nach der Predigt in das Pfarrhaus nach, folgte mir in mein Zimmer und warf sich wie verzweifelnd in einen Lehnstuhl nieder. Ich fragte ihn: Mein Herr! Was verlangen Sie von mir. Trost! Trost! war seine Antwort. Ich brauche Trost und finde denselben nicht in meiner Religion. Wer sind Sie? Ich bin Protestant. Haben Sie den Mut zu prüfen? Gewiss. Dann werden Sie auch bald katholisch glauben und sich getröstet fühlen.

Ich unterrichtete ihn, nahm ihn feierlich in die Kirche auf, hörte seine Beichte und reichte ihm das allerheiligste Sakrament, und mit demselben durch Jesum Christum den nie versiegbaren Trost, nach welchem sein Herz so sehnsuchtsvoll verlangte.

Auch andere ausgezeichnete Protestanten wie Leibniz, Claudius, Haman, Jakobi, Novalis, auch Schiller und Goethe und andere ahnten den Trost, den der Glaube der katholischen Kirche den Kindern derselben gibt, sehnten sich darnach; leider, dass sie nicht stark genug waren, den Weg, der zu ihr führt, durch Überwindung aller Hindernisse zu betreten, zu einem wahren und vollen Glauben zu gelangen und sich an dieser Quelle allen Trostes zu lagern und für Zeit und Ewigkeit zu laben. –
aus: F. X. Weninger, Katholizismus, Protestantismus und Unglaube. Ein Aufruf an alle zur Rückkehr zu Christentum und Kirche, 1869. S. 49 – S. 54

Folgebeitrag: Logische Folgerungen der protestantischen Lehre

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Bildquelle

Logische Folgerungen des Protestantismus
Zustand des Menschen nach dem Tod