Ansehen von Papst und Episkopat

Ansehen von Papst und Episkopat: Das Vatikanische Konzil unter Papst Pius IX.

Unfehlbarkeit des Papstes: Widerlegung der Einwürfe

X. Einwurf: Ansehen von Papst und Episkopat – Das Ansehen des Episkopats wird erniedrigt

Wir schließen mit der Erwiderung auf die letzte Besorgnis, die sich erheben könnte, nämlich:

X. Einwurf:

„Ob man denn dadurch, dass man alle Gewalt in dem einen Bischof von Rom anerkenne, dem Ansehen der übrigen Hirten im Reich der Kirche nicht zu nahe trete, oder dasselbe nicht zu sehr erniedrige.“

Wir antworten:

Nein! Im Gegenteil. Es kann ja das hohe Ansehen der bischöflichen Amtsgewalt und die göttliche Sendung in der Lehre nur heben, wenn wir dieselbe allein jenem unterordnen, den Christus zum Haupt der Kirche gesetzt. Erniedrigt wird ein Ansehen nur in dem Maße, als die Zahl derjenigen wächst, die nur Ihresgleichen sind, und von denen man sie abhängig macht, wie dies der Fall gerade bei febronianischen und gallikanischen Grundsätzen ist. Gewiss höher gestellt erscheint mir ein Fenelon, der weder vor einem Bossuet, noch vor allen den Bischöfen Galliens sein Haupt neigt, sondern nur vor dem Einen Statthalter Jesu Christi, bei dem die Klage des Streites der ihn betreffenden Lehre angemeldet und entschieden ward, und allein vollgültig entschieden werden konnte.

Die Würde des Episkopats entspringt aus der Machtfülle des Papstes

Ferner, die Würde des ganzen Episkopats ist nur eine und wurzelt und entspringt, wie wir die Väter reden gehört, in eben der Machtfülle des apostolischen Stuhles. Je höher diese erstrahlt, desto glänzender leuchtet den Völkern und ihren Gewalthabern auch die bischöfliche Würde; je mehr jene erniedrigt wird, desto tiefer sinkt auch diese. – Welche Belege gab die neuere und neueste Zeit dafür! –

Die Richtigkeit dessen erhellt auch klar, wenn man die Sache in Vergleich mit dem Ansehen der Machthabenden in zeitlichen Staaten bringt. Je höher die Obergewalt des Regenten ist, desto höher ist auch das Ansehen der untergeordneten Amtsgewalten eines solchen Hauptes in der Verwaltung eines Reiches.

Keineswegs tut also dieser Glaubensprimat dem Lehransehen des übrigen Episkopats irgendeinen Abbruch. Immer bleibt seine göttliche Sendung zur Lehre, innerhalb der ihm anvertrauten Herden sehr hoch gestellt und nur dem einen Oberhaupt von Gott gesetzt, untergeordnet.

Die wahre Kirche Christi ist auf dem Felsen gebaut

Es steht also die Wahrheit, die wir verteidigt, das Recht Petri in seinen Nachfolgern fest. Wie Leo der Große gesagt (Leo Magn. Serm. 3.), und wie es die Geschichte aller Zeiten der christlichen Ära dargetan, und wie es unsere Zeit so herrlich der Welt von neuem beweist: „Der heil. Petrus, ausharrend auf dem ihm übergebenen Felsen, verlässt die ihm übergebene Leitung der Kirche nicht; seine Macht lebt auf dessen Thron, sein Ansehen glänzt dort, und seine Würde weicht von seinem Erben nicht.“

So ist die wahre Kirche auf dem Felsen gebaut, gegen welche die Mächte der Finsternis vergebens toben; so wurde die Bitte des göttlichen Heilandes erhört, dass bis jetzt der Glaube des Petrus nicht nachließ, noch je beirrt werden wird auf seinem Sitz. Unerschütterlich, wie die Würde selbst, ist auch diese Glaubenskraft Petri in seinen Nachfolgern. Alle Einwürfe dagegen fallen wie Sternschnuppen in finstere Leere von diesem Firmament der Wahrheit, das uns zum Beweis dieses Rechtes aus den Annalen der Zeit in göttlicher und menschlicher Autorität licht und klar entgegen strahlt, und das wir mit unzählbaren Sternen erster Größe in den Zeugnissen, deren wir erwähnt und auf die wir hingewiesen, so wunderherrlich besät, vor unserem Geistesauge leuchten sehen.

Das Gewissen der Christenheit bekannte die Unfehlbarkeit des Papstes

Nicht nur funkeln an diesem Glaubensfirmament, wie an dem des sichtbaren Himmels, Tausende von einzelnen Sternen, in den einzelnen Bekenntnissen, sondern eine wahre Milchstraße von Zeugnissen ist über die Höhe desselben ausgegossen. – Die angeführten Stellen, sie stehen ja nicht allein da zerstreut am Himmel der Zeiten, sondern sie sind im Verband mit den Glaubens-Zeugnissen ganzer Länder und Völker auch der fernsten Jahrhunderte.

Man nenne uns eine andere Glaubenswahrheit, für welche die Erblehre der Kirche auf eine so vielseitige und dabei so vollständige und entscheidende Weise ihr Gewicht in die Waagschale der Wahrheit gelegt hätte, als eben für die Beglaubigung dieser unserer Thesis, und für das durch dieselbe ausgesprochene, göttlich gegebene Recht der Nachfolger Petri. Die unfehlbare Glaubens-Prärogative derselben bedurfte deshalb auch bisher ebenso wenig einer eigenen Definition als die Unfehlbarkeit der Kirche selbst. Das Gewissen der Christenheit bekannte dieselbe zu offen und zu feierlich.

Was Christus dem hl. Petrus gesagt, das gilt auch für Pius IX.

Gleich dem Schöpfungswort in der sichtbaren Welt, so hallt auch durch die geistige Schöpfung der Kirche das Wort des Stifters fort in seiner wirksamen Bedeutung und Kraft, bis auf heute:

Petrus – Pius: „Du bist der Felsen, auf dem ich meine Kirche gebaut! – Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen!“ Nein, sie steht heute so fest, wie je, durch die unerschütterliche Glaubens-Festigkeit ihres Hauptes.

Petrus – Pius: „Weide meine Schafe, weide meine Lämmer!“ – Er weidet sie heute noch, der Nachfolger Petri, und alle dir zur Herde Christi gehören, sie hören seine Stimme und folgen ihm.

Petrus – Pius: „Ich habe gebetet, dass Dein Glaube nicht wanke! Du einst stärke Deine Brüder!“ – Er stärkt und schirmt sie heute noch als Stellvertreter Christi und von Gott eingesetzter Lehrer des Menschengeschlechtes, und unerschütterlich gestärkt im Glauben fühlt sich jedes wahre Kind der Kirche.

Petrus – Pius: „Dir gebe ich die Schlüssel des Himmels!“ – Er hält sie heute noch in seinen Händen, der Nachfolger Petri. Mögen alle Menschenkinder Ihn als Stellvertreter Christi, der menschgewordenen Wahrheit, anerkennen, folgend in demselben Glauben, in derselben Hoffnung und Liebe, dem Einen, unfehlbaren Führer auf dem Weg des Heiles, auf dass da in Wahrheit werde:

„Ein Hirt und Eine Herde.“

aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 389 – S. 402