Unfehlbarkeit des Papstes: Widerlegung der Einwürfe
II. Einwurf: Richterliches Ansehen der Bischöfe
II. Einwurf:
„Wenn der Papst auch für sich allein unfehlbar wäre, so wären die Bischöfe im Konzil nicht Richter in Glaubenssachen gewesen, sondern nur bloße Herolde der päpstlichen Entscheidungen; doch diese Annahme streitet gegen die Autorität der Unterschriften dieser Bischöfe selbst, welche beweisen, dass sie als Richter in den Glaubens-Streitsachen unterschrieben haben; ‚definiens subscripsi‘.“
Antwort:
Keineswegs wird durch den peremptorischen Einfluss der Päpste auf die Entscheidungen der Konzilien das richterliche Ansehen der Bischöfe selbst aufgehoben; sondern sie waren wirklich Richter in den Entscheidungen, die sie erlassen haben, nur nicht in oberster, wohl aber und wirklich Richter, in der von Christus angeordneten, kirchlichen Ordnung und Unterordnung. –
Die in den Konzilien versammelten Bischöfe nämlich entschieden wirklich, dass etwas eine geoffenbarte und in der Kirche allgemein als solche anerkannte und gepredigte Lehre sei. Darin richteten sie, und dafür wurden Konzilien gefeiert; – nicht aber richteten sie die päpstlichen Entscheidungen selbst, sondern diese Entscheidungen lagen ihren Urteilen bei der, auch durch Ihre Definition auszusprechenden Erblehre der katholischen Kirche, als Leitung und Norm zu Grunde, so oft die Päpste bereits vor dem Concilium den feierlichen Ausspruch getan.
Haben wir doch die, in den Konzilien versammelten Bischöfe, feierlichst beteuern gehört, dass sie in ihren richterlichen Urteilssprüchen auf solche Weise auf die Entscheidungen der Päpste als Norm des Urteils blickten (siehe den ganzen V. Abschnitt oben S. 140 bis 198, besonders das IV. allgemeine Concilium), wodurch sie dieselben ebenso wenig richteten, als untergeordnete Richter im Staat durch ihren Ausspruch das Gesetz und den Ausspruch des befugten Gesetz-Auslegers selbst richten, wenn sie einen Urteilsspruch nach der Norm desselben fällen; und doch ist dieser ihr Ausspruch ein wahres Urteil.
Wollen wir einige noch nähere Nachweisungen aus der Analogie, so haben wir sie in der Ausübung der Jurisdiktion der Bischöfe. Wer zweifelt daran, dass Bischöfe wirklich eine geistliche und auch richterliche Gerichtsbarkeit in ihren Diözesen haben? – und doch üben sie diese Jurisdiktion nur insofern rechtskräftig, als ihnen der apostolische Stuhl die Herden anweist, und nur so lang, als sie mit demselben in Verbindung bleiben; sie haben also eine untergeordnete, aber doch wahre kirchliche Jurisdiktion.
Ja, wie wenig ein oberster Richter und oberstrichterlicher Ausspruch auch in göttlichen Dingen, ein untergeordnetes richterliches Ansehen aufhebe, erhellt ganz besonders aus der Verheißung Christi, dass die Apostel mit ihm die Welt richten würden – als wahre Richter. Und doch, wer zweifelt daran, dass sie nur nach dem Ausspruch und nach der Norm jenes Urteils, das aus Seinem Mund ergeht, den Gott zum Richter aller gesetzt, das Urteil mit richtend fällen werden.
Mithin hebt die oberstrichterliche Kompetenz des apostolischen Stuhles die mit richtende der Bischöfe keineswegs auf, sondern beide stützen sich zum Wohl der Kirche nach der von Christus eingesetzten Unterordnung der kirchlichen Gewalten, so, dass doch Petrus in seinen Nachfolgern der Fels ist und bleibt, auf welchem letztlich jedes richterliche Urteil im Reich der Kirche sich unerschütterlich fußt und festigt. –
aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 324 – S. 326
Bildquelle
- concilium-romanum-1725: wikimedia