Warum Konzilien notwendig sind

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Warum Konzilien notwendig sind: Das Apostelkonzil zu Jerusalem mit Petrus als Papst

Unfehlbarkeit des Papstes: Widerlegung der Einwürfe

I. Einwurf: Warum Konzilien notwendig sind

Keine Wahrheit ist so evident, dass sie nicht durch Missverstand, Entstellung oder freiwillige Verblendung, Angriffen, Anständen (= Einwände) und Einwürfen ausgesetzt wäre. Die scheinbarsten Einwürfe, die man gewöhnlich gegen unsere Behauptung vorzubringen pflegt, und auf die man sich nicht selten auch sehr viel zu Gute tut, sind folgende:

Man sagt:

I. Einwurf.

„Wozu allgemeine Konzilien und ihr Urteil, wenn des Papstes definitiver Ausspruch allein schon in Dingen des Glaubens absolut entscheidend ist? – und doch wurden zur Unterdrückung von Ketzereien allgemeine Konzilien in der Kirche für notwendig erachtet.“

Antwort: Die Haltung allgemeiner Konzilien hat ihre entschiedene Wichtigkeit und zeitweise ihre relative Notwendigkeit, unbeschadet der Unfehlbarkeit des apostolischen Stuhles, und sie steht mit dieser ebenso wenig im Widerspruch, als das erste Konzil von Jerusalem mit der apostolischen Unfehlbarkeit der Apostel.

Konzilien bleiben trotz Vollmacht des Papstes notwendig und wichtig

Wir sagen: Trotz der absoluten Vollmacht des Papstes bleiben Konzilien relativ notwendig und haben ihre entschiedene hohe kirchliche Wichtigkeit.

Relativ notwendig und von hoher kirchlicher Wichtigkeit bleiben jederzeit Konzilien, erstlich, um den Übermut der Ketzer durch das Gesamtgewicht des kirchlichen Ansehens niederzudrücken. Wer immer die Geschichte der Kirche studierte, der weiß es, zu welchen Umtrieben Abtrünnige gewöhnlich ihre Zuflucht nahmen, um andere durch einen Nimbus von Rechtgläubigkeit zu blenden? Diese Hartnäckigkeit und Hinterlist war es, welche nach dem Zeugnis der Geschichte die Abhaltung von Konzilien angezeigt und zeitweise notwendig gemacht, um Andersgläubigen die Maske der Rechtgläubigkeit abzuziehen. Die Versammlung von so vielen Bischöfen diente auch dazu, um allgemein durchgreifende Maßregeln festzusetzen, um dem Umsichgreifen des Irrtums am zweckmäßigsten entgegenzuwirken, den Irrtum, wo er eingewurzelt, auszureißen, die Hirten selbst in ihrer Rechtgläubigkeit zu kontrollieren. –

Wie mancher ward in solchen Versammlungen als irrgläubig erkannt, der wohl sonst – zum Verderben der ihm anvertrauten Herde, unerkannt geblieben wäre!

Dergleichen allgemeine Versammlungen haben, zweitens zum Wohl der allgemeinen Kirchendisziplin, die auch nicht minder als die Reinheit des Glaubens die Sorge des Oberhauptes der Kirche in Anspruch nimmt, einen sehr vorteilhaften und wichtigen Einfluss, so dass allgemeine Konzilien auch in disziplinärer Hinsicht ihre relative Notwendigkeit und entschiedene Wichtigkeit haben, unbeschadet der Machtfülle des Papstes.

Das erste Konzil von Jerusalem

Wir berufen uns hierbei auf das Verhältnis des ersten Konzils von Jerusalem, in seiner Beziehung zur apostolischen Unfehlbarkeit der Apostel überhaupt, und insonderheit des hl. Paulus.

Alle Apostel nämlich waren, wie kein Theologe es bezweifelt, als unmittelbare Organe des heiligen Geistes in Verkündigung des heiligen Glaubens unfehlbar; und doch versammelten sie sich in ein Konzil, und dieses Konzil hatte seine relative Notwendigkeit und entschiedene Wichtigkeit, sowohl in Betreff der Glaubens-Entscheidung, die es erließ, als in Betreff der allgemeinen Kirchendisziplin, ganz unbeschadet der apostolischen Unfehlbarkeit der Apostel auch außer dem Konzil – und namentlich des hl. Paulus.

Zu Antiochia nämlich erhob sich der Streit in Betreff der Notwendigkeit, die Heiden zu beschneiden. Cerynth mit anderen judaisierenden Christen behauptete diese; Paulus hingegen widersetzte sich und lehrte das Gegenteil. –

Paulus und Petrus lehrten unfehlbar, Petrus entschied

Sein apostolisches Ansehen sollte wohl genügen? Und wie sehr Paulus sich dessen bewusst war, beweist seine Zuschrift an die Galater, wo es heißt: „Und sollte ein Engel vom Himmel kommen, der anders lehrt, als ihr es von mir vernommen – er sei verflucht.“

Paulus dessen ungeachtet, als er die Härte der Obstination gewahrte, wollte noch das letzte Mittel versuchen, dieselbe zu brechen, und das für eine allgemeine Angelegenheit der Kirche kräftigste Mittel ergreifen; – es ward beschlossen, mit Barnabas und anderen nach Jerusalem zu den übrigen Aposteln zu reisen; und das apostolische Concilium erfolgte.

In demselben ergriff nun Petrus das Wort und entschied. – Es war ein Zeichen, wem in der Kirche Gottes ordentlicher Weise das oberste Recht der Glaubens-Entscheidung zustehen sollte; nämlich denen, die ihrer Würde nach Petrus sind.

Petrus und Paulus lehrten einstimmig – beide unfehlbar; und dennoch gab die Beistimmung der ganzen Versammlung noch mehr Gewicht in den Augen der Irrenden. Und wer wollte zweifeln, dass diese gemeinschaftliche Beratung auch noch zu anderer heilsamen Unterredung hinsichtlich des allgemeinen Kirchenwohles Veranlassung gab? In demselben Konzil ward auf Bemerkung und Vorschlag des Bischofs und Apostels von Jerusalem, Jakobus, auch ein für jene Zeit wichtiger Disziplinar-Kanon von demselben erlassen.

Trotz der Unfehlbarkeit der Apostel hatte das Konzil von Jerusalem seine Wichtigkeit

Mithin trotz der Unfehlbarkeit Pauli und des Apostelfürsten Petrus selbst, hatte das Konzil von Jerusalem seine entschiedene Wichtigkeit und relative Notwendigkeit für die Reinheit des Glaubens und das Wohl der Kirchenverwaltung.

Die ganze Geschichte der allgemeinen Konzilien, die wir oben der Reihe nach dem Leser vor Augen geführt, beweist, dass eben dieselben Gründe und Vorteile die Haltung derselben begleiteten und erforderten, unbeschadet der apostolischen Vollmacht des apostolischen Stuhles in Glaubens-Entscheidungen und in Verwaltung der obersten Kirchenregierung, wie Leo der Große bereits bemerkt:

„Die Wahrheit erhellt klarer und wird kräftiger bewahrt, wenn das, was der Glaube durch den Papst früher gelehrt, und was Gott durch unsere Amtsverwaltung früher definiert, auch durch den Einklang der Brüder bestätigt wird.“ (…)(Leo ep. ad Theodor)

Wie weit aber Leo entfernt war, diesen Consensus fratrum als notwendig zur Kraft der Entscheidung selbst, als Glaubensnorm, zu erachten – erhellt genügend aus den Worten: „Was der Glaube durch den Papst gelehrt“, „quae fides per Pontificem docuit“, und „Was Gott durch unsere Amtsverwaltung entschieden“, „Quae Deus nostro ministerio definierat“.

Er verbietet überdies in seinem Schreiben an den Kaiser, dass im Konzil erst verhandelt werde, was als göttlich geoffenbart zu glauben sei, nachdem seine Entscheidung dies bereits ausgesprochen habe; sondern man möge nur sorgen, dass diese Entscheidung selbst so wirksam und allgemein als möglich mit Hilfe des Konzils in der ganzen heiligen Kirche auf Erden erschalle. (Siehe Ep. 82, c. et 2. ep. 90. c. 1, 2, ep. 93 et 94)

Wer könnte zweifeln, dass auch das nächste allgemeine Concilium, abgesehen von jeder Glaubens-Entscheidung, von hohem Nutzen für die Kirche sich erwiesen werde. –
aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 319 – S. 323

siehe auch die Beiträge auf katholischglauben.info:

Bildquelle

  • Koelner_Dom_Petrusfenster_Apostelkonzil: wikipedia
Richterliches Ansehen der Bischöfe
Apostolische Vollmacht von Pius IX.