VI. Zeugnisse der Päpste
durch die feierliche Berufung auf diese ihre apostolische Vollmacht in Glaubens-Entscheidungen im Angesicht der ganzen Kirche

Die Apostolische Vollmacht von Pius IX.

In dieser apostolischen Machtfülle des kirchlichen Lehramtes richtete und verwarf in unseren Tagen Pius IX. die Irrtümer eines Günther und Froschammer. Er tat noch mehr. Sich seines Berufes als unfehlbarer Lehrer der Menschheit in Dingen des Glaubens bewusst, erhob sich Pius IX. und veröffentlichte seinen berühmten „Syllabus“. Durch dieses Dokument richtete und verwarf Pius IX. als unfehlbarer Lehrer der Gläubigen die gangbaren und heillosen Irrtümer unserer Zeit auf dem Gebiet einer glaubenslosen Philosophie und anmaßenden Scheingelehrsamkeit in den Naturwissenschaften; die sakrilegischen Übergriffe auf dem Gebiet der Politik; und die Prätensionen des Freiheitsschwindels gepaart mit den Anforderungen des Fortschritts der sogenannten modernen Zivilisation.

Allerdings fühlten sich die Feinde der Wahrheit und der Kirche überrascht und wie verblüfft; sie spotteten äußerlich einer solchen Kundgebung der Lehrautorität von Seite des Oberhauptes der Kirche; allein sie fühlten und fühlen es, wie sicher Pius IX. sich dieses Ihm von Gott durch Petrus mitgeteilten Entscheidungsrechtes bewusst sei, entschlossen, dasselbe zum Heil der Kirche rücksichtslos auszuüben, was immer die Gewaltigen der Erde im Dünkel ihrer Macht und Wissenschaft dazu sagen mögen.

Am herrlichsten jedoch machte Pius IX. von dieser seiner Prärogative des unfehlbaren Lehransehens seiner apostolischen Vollmacht Gebrauch, als Er im Jahr 1854, umgeben von zweihundert Bischöfen der katholischen Welt, das Dogma der unbefleckten Empfängnis Mariä aussprach. Er tat es ohne Beziehung auf das Dafürhalten des Episkopats der Kirche. Er befragte zwar früher die Bischöfe, um zu erkennen, ob eine solche Glaubens-Entscheidung in unseren Tagen als klug und heilsam sich erweisen würde. Gestattete ja das Konzil von Trient selbst jahrelnage Diskussionen den daselbst versammelten Gottesgelehrten, ohne dadurch etwas von seinem unfehlbaren Ansehen zu vergeben.

So tat auch Pius IX. Allein er verlangte keine Mitentscheidung keine Mitunterschrift für den Ausspruch des Dogmas selbst, sondern tat dies mit der ganzen Majestät unfehlbarer apostolischer Machtfülle so feierlich, wie noch kein Papst es vor Ihm getan. Wir dürfen kühn fragen: Hätten wohl die zweihundert gegenwärtigen Bischöfe es gewagt, trotz all dem, was bis auf den 8. Dezember 1854 sich zutrug, den Satz der unbefleckten Empfängnis Mariä im Angesicht der Werke eines Thomas von Aquin und Bernard, und in Abwesenheit von ungefähr sechshundert Bischöfen, als Glaubenssatz auszusprechen, und jeden andersgesinnten als Ketzer zu verdammen?

Pius erhob sich und tat es. Und siehe! alle Bischöfe der ganzen Welt und die ganze Christenheit mit ihnen bekennt nun diese Lehre als Glaubenssatz mit der ganzen Glaubenskraft des Papstes selbst. Wir fragen: War Pius IX. sich seiner unfehlbaren Lehrgewalt bewusst – und hat die Kirche dieselbe anerkannt? Kein Zweifel; das Dogma ist und bleibt – entschieden.

Und wer wollte es wagen, nach Aufzählung aller der bereits durch achtzehnhundert Jahre sich aneinander reihenden Zeugnisse zu sagen: Pius IX. habe seine apostolische Machtfülle überschritten! Nein, alle, die wahrhaft Schafe der Herde Christi sind, – die kennen die Stimme des Hirten, den Christus selbst ihr gesetzt, und folgen ihr, wie die Herde Christi durch achtzehn Jahrhunderte ihr gefolgt, und folgen ihr mit jener Anerkennung, mit der die Christenwelt stets die Glaubens-Prärogative und apostolische Vollmacht, in den Nachfolgern Petri, zur Leitung der Herde Christi auf die wahre Weide des göttlichen Wortes, stets anerkannte, wie wir dies nun summarisch in den folgenden zwei Abschnitten, in Betreff der gelehrten und gekrönten Welt, und im Gesamtglauben der christlichen Völker, nachweisen wollen. –

aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 249 – S. 252

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