Verhalten der Verworfenen gegen Maria

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Über die vollkommene Andacht zu Maria

Das Verhalten der Verworfenen gegen Maria

Bevor wir diese schöne Erzählung (Gen. 25, 24-34; 27, 1-46) erklären, müssen wir bemerken, daß nach allen heiligen Kirchenvätern und Schrifterklärern Jakob das Vorbild Jesu Christi und der Vorherbestimmten, Esau das Vorbild der Verworfenen ist. Wir brauchen nur die Handlungsweise und das Verhalten des einen wie des andern näher zu prüfen, um dies einzusehen.

1. Esau, der ältere Bruder, war körperlich stark und kräftig, geschickt und geübt im Bogenschießen und im Erlegen des Wildprets auf der Jagd.
2. Er bliebe beinahe nie zu Hause, und einzig auf seine Stärke und Geschicklichkeit vertrauend, arbeitete er nur draußen im Freien.
3. Er gab sich nicht sonderlich Mühe, seiner Mutter Rebekka zu gefallen, und tat nichts in diesem Sinne.
4. Er war so eßgierig und sah so sehr auf die Befriedigung seines Magens, daß er sein Erstgeburtsrecht um ein Linsenmus verkaufte.
5. Wie Kain war er voll Neid gegen seinen Bruder Jakob und verfolgte ihn aufs äußerste.

186. Betrachten wir nun das tägliche Verhalten der Verworfenen:
1. Sie bauen in zeitlichen Angelegenheiten auf ihre eigene Kraft und ihre Geschicklichkeit. In irdischen Dingen sind sie sehr tüchtig, sehr geschickt und aufgeklärt, in himmlischen Dingen hingegen sind sie sehr schwach und unwissend. In terrenis fortes, in coelestibus debiles.

187. 2. Deshalb sind sie gar nie oder nur selten daheim, im eigenen Hause, d. h. in ihrem Innern, welches die innere und eigentliche Wohnung ist, die Gott jedem Menschen gegeben hat, damit er nach Gottes Beispiel sich darin aufhalte, denn Gott hält sich immer in sich selbst auf. Die Verworfenen lieben keineswegs die Zurückgezogenheit, das geistliche Leben und die innere Andacht. Jene, die ein inneres, von der Welt zurückgezogenes Leben führen und mehr innerlich als äußerlich tätig sind, werden von ihnen Schwachköpfe, Frömmler und Kulturfeinde genannt.
188. 3. Die Verworfenen kümmern sich nicht sonderlich um die Andacht zu Maria, der Mutter der Vorherbestimmten. Sie hassen Sie zwar nicht ausdrücklich, manchmal spenden sie Ihr sogar Lobsprüche, sagen auch, daß sie die Mutter Gottes lieben, und verrichten sogar Andachtsübungen zu ihrer Ehre. Im übrigen jedoch mögen sie es nicht leiden, daß man Sie zärtlich liebt, weil sie eben nicht die Zärtlichkeit Jakobs gegen Sie im herzen tragen. Sie finden immer etwas an den Andachtsübungen auszusetzen, denen sich die guten Kinder und Diener Mariä treulich widmen, um die Liebe ihrer Mutter zu gewinnen. Sie glauben nämlich nicht, daß ihnen diese Andacht zum Heile notwendig sei, und meinen, es sei genug geschehen, wenn sie nur die Allerseligste Jungfrau nicht förmlich hassen oder die Andacht zu Ihr nicht öffentlich verachten. Sie glauben, die Gunst der Mutter Gottes gewonnen zu haben und ihre Diener zu sein, wenn sie Ihr zu Ehren einige Gebete hersagen oder hinmurmeln ohne Zärtlichkeit gegen Sie und ohne ernstliche Besserung ihres Lebens.

189. 4. Die Verworfenen verkaufen ihr Erstgeburtsrecht, nämlich die Freuden des Himmels, für ein Linsengericht, das heißt für die Freuden der Erde. Sie lachen, trinken, essen, belustigen sich, spielen, tanzen, usw. … ohne sich Mühe zu geben, sich des Segens des himmlischen Vaters würdig zu machen, gerade so wie Esau. Mit einem Wort, sie denken nur an die Erde, lieben nur die Erde, denken und handeln nur für die Erde und das irdische Vergnügen und verkaufen für einen Augenblick des Vergnügens, für den Rauch eitler Ehre und für ein gelbes oder weißes Stück harter Erde (d. h. für ein Stück Gold oder Silber) ihre Taufgnade, das Kleid ihrer Unschuld, ihr himmlisches Erbteil.

190. 5. Endlich hassen und verfolgen die Verworfenen täglich, offen oder versteckt, die Vorherbestimmten. Sie belästigen, verachten, kritisieren sie, ziehen sie ins Lächerliche, beschimpfen, bestehlen, betrügen sie, stürzen sie in Armut, vertreiben sie und treten sie in den Staub, während sie selbst ihr Glück machen, sich dem Wohlleben hingeben, in Ehre dastehen, reich werden, emporsteigen und nach den Gelüsten ihres Herzens dahinleben.

aus: Ludwig Maria Grignion de Montfort, Gesammelte Werke, I. Band, 1925, S. 143-145

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