VI. Zeugnisse der Päpste
durch die feierliche Berufung auf diese ihre apostolische Vollmacht in Glaubens-Entscheidungen im Angesicht der ganzen Kirche

Päpstliches Urteil gegen den Jansenismus und andere Irrtümer

Ähnliche Anerkennung der Ausübung des richterlichen Glaubensamtes der Nachfolger Petri finden wir auch in Calvins Schriften, doch auch gleiche Hartnäckigkeit und Verblendung der Leidenschaft von seiner Seite. (*) Übrigens ist es für unsere nivellierende und politisierende Zeit sehr merkwürdig, was (Calvin) (Inst. I. IV. c. 1) von der allein seligmachenden Kirche äußert:

„Außer ihrem Schoß“, sagt er, „ist weder Vergebung der Sünden zu hoffen, noch ein Heil“; und in seinen Briefen (Edit. Genev. pag. 50) heißt es von der Unabhängigkeit der Kirche von der fürstlichen Gewalt also: „Welch ein Beispiel würden wir geben, wenn wir gestatteten, dass der Fürst Richter der Lehre sei; dass, was er verordnet, zu halten sei. … Gewiss, wenn wir dieses Joch uns auflegen lassen, so verraten wir, durch unsere Nachgiebigkeit, das hl. Amt.“ Gott ließ es zu, dass an diesen Helden der Reformation sich Christi Wort bewähre: „Aus deinem Munde richte ich dich, böser Knecht!“

In Kraft dieser apostolischen Glaubensvollmacht verdammte Pius V. und Gregor XIII. die Lehrsätze des Bajus; sie blieben verdammt. Urban VIII., Innozenz X. und Alexander VII., die Irrtümer des Jansenius und seiner Sekte. Sie waren und blieben verdammt und gerichtet.

Das päpstliche Richteramt gegen die Irrlehre des Jansenius

Päpstliches Urteil gegen den Jansenismus: Porträt des Cornelius Jansenius

Es dürfte wichtig sein, da diese Irrlehre unter den letzteren Sekten die namhafteste ist, genauer die Art und Weise darzutun, mit welcher die Päpste da ihr oberstes Entscheidungsrecht in Dingen des Glaubens ausgeübt, und gegen die Arglist der Ketzer unerschütterlich aufrecht und geltend erhielten.

Jansenius, der selbst sein Testament mit folgenden Worten schließt: „Wenn jedoch der römische Stuhl etwas daran (d. h. von seinem Werk), ändern wollte, so werde ich mich als einen gehorsamen Sohn erweisen und jener Kirche, in der ich beständig zu leben das Glück hatte, bis auf meinen letzten Lebenshauch immerdar treu verbleiben“, erkannte das oberste Richteramt des Papstes an.

Da sich jedoch nach dem Tode des Jansenius dessen Irrtümer immer weiter ausbreiteten, so berichteten die Bischöfe von Frankreich, da sie selbst kein Urteil zu fällen sich getrauten, die ganze Sache an den päpstlichen Stuhl, indem sie diesen Grund dem Innozenz X. vorlegen:

„Von jeher war es in der Kirche Sitte, über wichtigere Angelegenheiten, mit dem römischen Stuhl Rücksprache zu halten, und diese Sitte muss, weil der Glaube des Petrus nie wanken wird, in Folge seines Rechtes, immerfort beibehalten werden.“ „Quem fides Petri nunquam dificiens, perpetuo retineri pro jure suo postulat.“ „Eure Heiligkeit hat es ja selbst erfahren“, heißt es weiter, „welches Ansehen und Gewicht der päpstliche Stuhl bei der Unterdrückung der Ketzereien habe. Denn sogleich legte sich der Sturm; Wind und Meer gehorchten auf die Stimme Christi.“ Der Papst erklärte hierauf feierlich jene bekannten Sätze des Jansenius für ketzerisch, am 9. Juni 1653.

Die Reaktion der französischen Bischöfe auf das Richterurteil des Papstes

Die Bischöfe von Frankreich, sobald sie davon in Kenntnis gesetzt wurden, traten zu Paris in eine Versammlung zusammen, den 15. Juli des nämlichen Jahres und drückten in einem Brief dem Papst ihre Glückwünsche und ihre Freude darüber aus, was durch dessen Entscheidung zum Wohl der Kirche Frankreichs geschah. Sie sagen unter anderem:

„In dieser Angelegenheit ist besonders dies beachtenswert: dass, gleichwie auf Ansuchen der Bischöfe von Afrika, Papst Innozenz I., die Ketzerei des Pelagius verdammte, so hat Innozenz X., auf Anfrage der Bischöfe von Frankreich, die der pelagianischen entgegengesetzte Ketzerei, durch seinen Machtspruch verbannt.“ – „Ein solches päpstliches Urteil“, sagen sie, „habe göttliches und durch die ganze Kirche geltendes Ansehen, dem alle Christen pflichtschuldig mit Beistimmung des Geistes sich zu unterwerfen haben.“ „Cui omnes Christiani ex officio ipsius quoque mentis obsequium praestare tenentur.“

Und gegen das Ende: „Indem wir nun dem Innocentius, durch dessen Mund Petrus gesprochen hat, gleichwie die vierte allgemeine Synode, Leo I., zu diesem herrlichen Triumph Glück wünschen, so reihen wir, die von ihm gegebene Entscheidung, einstimmig und mit freudigem Jubel den ökumenischen Synoden an, die in den Jahrbüchern der Kirche verzeichnet sind.“

Päpstliches Dekret, wie man sein Urteil der Kirche zu unterwerfen hat

Da aber die Jansenisten, ungeachtet dieser Erklärung der Bischöfe von Frankreich, dem Urteil des Papstes nur durch Stillschweigen Genüge leisten wollten, ward die Sache neuerdings nach Rom berichtet; es wurde ein neues Dekret bekannt gemacht, in dem das frühere bestätigt wurde, wie man nämlich sein Urteil der Kirche zu unterwerfen habe, und noch dieses beigefügt: „dass der Unterwürfigkeit, welche die Gläubigen dem römischen Stuhl schulden, keineswegs durch ein bloßes Schweigen Genüge geleistet werde.“ „Et obedientiae fidelium erga hanc sedem debitae, non satisfieri obsequioso silentio.“ Auch dieser Ausspruch ward in ganz Frankreich mit Beifall aufgenommen und überall bekannt gemacht, wie die französischen Synoden, besonders die vom 22. September 1705 bezeugen.

Ja selbst nicht wenige Gönner des Jansenius erkannten die Unfehlbarkeit des Papstes in Glaubenssachen an, denn sie unterschrieben die Eidesformel, die von Alexander VII. abgefasst, also lautet:

„Ich N. N. unterwerfe mich der apostolischen Entscheidung der römischen Päpste, und unterwerfe die fünf Sätze des Jansenius, … in dem Sinne, den der Autor damit verband, und verdamme sie und schwöre: So wahr mir Gott und diese hl. GottesEvangelien helfen sollen.“

Weitere Beispiele für die apostolische Machtfülle der Päpste

In solcher apostolischer Machtfülle verdammte Innozenz XI. die Irrtümer des Michael Molinos, Clemens IX. die Irrtümer des Paschasius Quesnel, durch die bekannte und berühmte Konstitution „Unigenitus“; Pius VI. die Irrtümer des Synode von Pistoja; Pius VII. die der Kleinkirchler oder Anhänger der sogenannten „petite eglise“; endlich Gregor XVI. die Irrtümer des unglücklichen de Lamennais und Hermes; und zwar durch die Vollmacht Seines Weltapostolats; wie der hl. Vater sich ausdrückte. – Sie waren, – sind, – und bleiben – gerichtet.
aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 246 – S. 249

(*) siehe den Beitrag „Luther als Zeuge für den Glaubensprimat des Papstes“, der diesem Teil 3 vorausgeht.

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