F. X. Weninger SJ: Katholizismus, Protestantismus und Unglaube
Erster Abschnitt – Gegenüberstellung der Lehrsätze
8. Das Sakrament der letzten Ölung
Der Christ lebt, wenn er sich seines Berufes zum Reich Gottes bewusst ist und darnach zu leben trachtet, für die nahende Ewigkeit, und hat eigentlich nur eine Sorge, nämlich selig zu sterben, d. h. sein Leben gewiss in der Gnade Gottes zu beschließen. Er gedenkt seiner letzten Dinge, folgend der Mahnung des heiligen Geistes „wie der Baum fällt, so bleibt er“, und eingedenk des allgemeinen Sprichworts: „Ende gut, alles gut.“ Er weiß, dass endlich alles auf den Kampf ankomme, der seiner auf seinem Sterbebett wartet, und dass er diesen siegreich kämpfe. Wohl weiß keiner aus uns, was es eigentlich heiße – sterben; doch jeder fühlt den Schrecken und das Widerstreben der Natur.
Der Christ weiß überdies, dass der Feind des Heiles gewiss in jenem alles entscheidenden Augenblick auch alles daran setzen werde, um ihn wo möglich zu überwältigen und mit sich in den Untergang zu ziehen. Das Herz verlangt demnach für jenen letzten verhängnisvollen, außerordentlichen Abschnitt des Lebens, auch einen außerordentlichen Beistand der Gnade.
Hat Christus den Seinigen einen solchen bereitet?
Der katholische Glaube antwortet: Ja. Die katholische Kirche lehrt, dass Christus uns diese außerordentliche Hilfe durch das Sakrament der letzten Ölung bereitet habe; dieses Sakrament habe eine doppelte Wirkung, nämlich eine für den Leib, die andere für die Seele. Was den Leib betrifft, so trage die letzte Ölung dazu bei, dass, wenn es zum Heil des Kranken ist, derselbe körperliche Erleichterung erlange, oder völlig genese.
Zahllose Beispiele bestätigen diese Wirkung, welche der heilige Jakobus ausdrücklich diesem Sakrament zuschreibt, wenn er sagt: „Ist jemand unter euch krank, so rufe er die Priester der Kirche und sie sollen über ihn beten und ihn salben im Namen des Herrn, und das Gebet des Glaubens wird den Kranken heilen, und der Herr wird ihn erleichtern, und wenn er in Sünden ist, so werden ihm dieselben vergeben werden.“ (Jak. 5, 14 u. 15)
Selbst protestantische oder sonst ungläubige Ärzte haben es in ihrer Praxis an den Krankenbetten von Katholiken mehr als einmal erfahren, und sind in katholischen Ländern besorgt, dass die gefährlich Kranken rechtzeitig mit den heiligen Sakramenten versehen werden, indem sie behaupten, dass der Trost und die Ruhe, welche sich der Seele des Kranken bei dem Empfang dieses Sakramentes bemächtigen, sich für die Wirkung der Arznei vorteilhaft beweise.
Um so mehr und um so sicherer spendet dieses Sakrament der Seele unmittelbare Hilfe in den geistigen Nöten: denn es tilgt, wie der katholische Glaube lehrt, in uns die noch übrigen Makel der Sünde und stärkt uns im Todeskampf.
Protestanten, welche an Krankenbetten von katholischen Sterbenden verweilten, haben sich oft überzeugt, dass dieses Sakrament den Geist des Kranken ganz wundervoll ermutige, tröste und stärke. Welchen Eindruck diese Wahrnehmungen auf protestantische Kranke selbst machen, haben katholische Priester, welche Spitäler besuchen, oft Gelegenheit zu erfahren.
Mehr als einmal geschah es mir, und namentlich damals, als ich noch das Commercial-Hospital in Cincinnati besuchte, dass, wenn ich einem katholischen Kranken das Sakrament der letzten Ölung spendete, mich irgendein protestantischer Kranker zu sich rief und bat, ob ich ihm nicht auch dieselbe geistliche Hilfe leisten und die heilige Ölung spenden wollte. Er merkte zu deutlich, welch ein Trost und welch ein Seelenfriede sich über das Herz des katholischen Bruders bei dieser heiligen Handlung vom Himmel herabgesenkt, und mehr als einer bekehrte sich zum heiligen Glauben auf dem Kranken- und Sterbebett, bloß um seinem Verlangen zu genügen, als Katholik den Trost der Sterbesakramente in sein Herz aufzunehmen.
Wie rührend, trostreich und liebevoll ist überhaupt die Sorge, mit welcher die katholische Kirche ihre Diener an das Kranken- und Sterbebett ihrer Kinder sendet, und wie heldenmütig erfüllen die Priester der Kirche diese ihre beschwerliche Pflicht. So wie ein Katholik schwer erkrankt, eilt der Priester sogleich zu ihm, und wenn es anders möglich ist, steht er ihm bei bis an seinem letzten Atemzug. Er steht an der Schwelle der Ewigkeit und spricht dem Sterbenden Worte der Ermunterung und Stärkung zu, bis Leib und Seele sich trennt, die er mit den Bitt- und Segensgebeten der Kirche in die Ewigkeit geleitet.
Der Protestantismus raubt euch diesen Trost. –
Er sagt: Es gibt kein Sakrament der letzten Ölung. – Gerade da, wo euch die Hilfe der Kirche am wichtigsten und nötigsten wäre, seid ihr am meisten verlassen. Habt ihr es nicht selbst oft genug erfahren, Amerikaner? So oft eine Epidemie ausbricht, wer ist es, der sich zuerst in Sicherheit setzt und fortzieht? Sind es nicht selten eure Prediger? Wer hingegen eilt von Ferne selbst an solche Plätze? Sind es nicht die katholischen Priester und die barmherzigen Schwestern der katholischen Kirche? Fragt Norfolk, New Orleans und andere ähnliche Plätze, sie werden es bestätigen. –
aus: F. X. Weninger, Katholizismus, Protestantismus und Unglaube. Ein Aufruf an alle zur Rückkehr zu Christentum und Kirche, 1869. S. 38 – S. 41
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Folgebeitrag: Das Sakrament der Priesterweihe und Ehe
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