VI. Zeugnisse der Päpste
durch die feierliche Berufung auf diese ihre apostolische Vollmacht in Glaubens-Entscheidungen im Angesicht der ganzen Kirche

Vollmacht der Päpste Teil 2 – von 440 bis 858 n. Chr.

Papst Leo der Große

Hören wir Leo den Großen († 454). In der ersten Rede der Jahresfeier seiner Erhebung auf den apostolischen Stuhl spricht Leo also: „In Petrus“, sagt er, „ruht die Kraft aller, und die Hilfe der göttlichen Gnade ward so geordnet, dass die Festigkeit, durch Christus dem Petrus mitgeteilt, durch Petrus aber den Aposteln verliehen wird …

Wir erfreuen uns also, indem wir dem ewigen König Jesu Christo Dank abstatten, welcher eine so große Macht demjenigen gegeben hat, den er zum Fürsten der ganzen Kirche gemacht hat, dass, wenn irgend etwas in unseren Zeiten auf rechte Weise verhandelt wird, es durch Uns, dem Steuerruder desjenigen zugerechnet werden muss, zu dem gesagt wurde: „Du einstens bekehrt, stärke deine Brüder“, und zu dem nach der Auferstehung der Herr dreimal sprach: „Weide meine Schafe“, was er auch jetzt sonder Zweifel tut, und den Auftrag des Herrn vollführt der fromme Hirt, der uns durch seine Ermahnungen stärkt, und für uns zu bitten nicht aufhört.“

In der Anrede, bei seiner zweiten Jahresfeier, sagt er: „Im römischen Papst fährt der selige Petrus fort, die Sorge für alle Hirten zu sein, dessen Würde auch nicht in dem unwürdigen Erben geschwächt wird.“

Hören wie noch, wie Leo der Papst in seinem Schreiben an Leo den Kaiser sich in Betreff der Streitsache des Anatolius ausdrückt: „Da“, sagt er, „die allgemeine Kirche, durch Erbauung jenes vorzüglichen Felsens, zum Felsen geworden ist, (also durch Petrus erst ist die Kirche felsenfest und unerschütterlich) und jener Erste der Apostel aus dem Mund des Herrn selbst gehört: „Du bist Petrus etc., wer anders, als der Antichrist kann es wagen, diese unbestreitbare Wahrheit anzufechten.“ –

Gewiss ein denkwürdiges Prädikat, das wir unseren Gegnern zur ernsten Erwägung empfehlen. „Es bleibt also die Anordnung der Wahrheit, und der selige Petrus in der erhaltenen Stärke des Felsens, verlässt die erhaltene Regierung der Kirche nicht.“ (…) Andere Zeugnisse des hl. Leo kamen bereits bei Gelegenheit des vierten Conciliums vor.

Papst Simplicius

Auch Simplicius († 483) in seinem Schreiben an Kaiser Zeno, in welchem er den Kaiser an seine Fürstenpflichten erinnert, spricht in demselben ein überaus herrliches Zeugnis für das Bewisstsein seiner apostolischen Vollmacht aus:

„Es blieb“, sagt er, „in dem Nachfolger auf dem päpstlichen Stuhl eben diese eine und selbe Norm apostolischer Lehre“, „haec et eadem apostolicae norma doctrinae“, „dem der Herr die Sorge des ganzen Schafstalles aufgelegt, dem Er verheißen, dass Er ihn bis an das Ende der Welt nie verlassen, dass die Pforten der Hölle denselben nie überwältigen würden, und dem Er das Zeugnis gegeben, dass, was durch seinen Ausspruch auf Erden gebunden würde, auch nicht im Himmel gelöst werden könne.“ „Cujus ententia quae ligarentur in terris, testatus est, nec posse solvi in coelis.“

Eine, dieser ganz gleiche Sprache führt Felix II. († 492) in seinem Schreiben an eben diesen Kaiser, der ein Spielball rebellischer Faktionen war, so wie an Akazius und Petrus Fullo, der sich in das Patriarchat von Antiochia einzudrängen versuchte. –

Er zitiert den ersten nach Rom, auf dass er dem hl. Petrus Rechenschaft gebe, und verdammt den andern gleichfalls mit dem Ausdruck: „Der hl. Petrus habe ihn gerichtet.“ –

Alles spricht das Bewusstsein aus, „Petrus lebe in ihm und allen den Würdenträgern Petri, annoch zu Rom; und nie“, schreibt er, „was immer für Gefahren die Kirche umringen mögen, werde das Urteil Petri deshalb etwas von seiner wirksamen Kraft verlieren.“ (…) (Hard. II. 118)

Das haben wir in neuester Zeit so auffallend erfahren. Wer hätte sich in den Zeiten des Indifferentismus eine solche Wirksamkeit der Zensur Petri versprechen mögen, als wir es gerade zu unseren Tagen erfahren haben?!

Papst Gelasius

Der hl. Gelasius († 496) im vierzehnten Brief behauptet: „der hl. Petrus habe einen Stuhl gesetzt, welchen Er selbst segnete, dass er von den Pforten der Hölle, kraft der Verheißung des Herrn, niemals überwältigt werde, und der Hafen aller Bedrängten sei, dass, wer in demselben eingeht, sich einer glückseligen und ewigen Landung erfreuen werde; wer hingegen denselben verachtet, zusehen möge, welche Entschuldigungen er am Tage des Gerichtes vorbringen könne.“ (…)

In seinem Brief an den Kaiser Anastasius sagt er: „Das ist`s, wofür der apostolische Stuhl Vorsorge trifft, dass, weil er für die Welt die Wurzel ist“, „quia mundo radix est“, (d. h. der Mittelpunkt der Einheit des Glaubens) „das glorreiche Bekenntnis des Apostels, durch keine Hinterlist der Bosheit angesteckt und befleckt werde; denn wenn so etwas sich ereignen würde, was Gott verhüte und von dem wir vertrauen, dass es nicht geschehen könne, – von wo aus würden wir es wagen, irgend einem Irrtum Widerstand zu leisten? Oder woher würden wir für die Irrenden eine Zurechtweisung fordern?“ (…)

Der hl. Gelasius also behauptet, dass, gesetzt ein Papst fiel in einen Irrtum im Glauben, es um den Glauben der Kirche selbst geschehen sei.

In seinem Commonitorium an den kaiserlichen Präfekt Faustus, schreibt er auf die Anschuldigung, die ihm zu Ohren kam, dass einige Hofbischöfe, samt dem Kaiser ihn unzeitiger Härte beschuldigen, durch welche er den Kirchenfrieden störe: „Man beruft sich“, sagt er, „auf die Kanones, und weiß nicht, was man redet. Die Kanones sind es ja selbst, welche die Appellationen der ganzen Kirche an diesen Stuhl zur Entscheidung gebracht wissen wollten, von ihm aber sei es nie erlaubt zu appellieren; mithin habe er über die ganze Kirche zu richten, er selbst sich keinem Gericht zu stellen, und könne von keinem gerichtet werden.“ … (…)

“Was zur Religion gehörig, darüber steht ausschließlich dem apostolischen Stuhl das Endurteil zu, „summa judicii totius.“ Sie mögen sich ihre Albernheiten selbst behalten, – „ineptias suas sibi servent“, – wenn sie nicht vielmehr in sich gehen und bedenken, Christi Wort sei nicht müßig, welches dem Bekenntnis Petri verheißt, die Pforten der Hölle würden dasselbe nicht überwinden; darum befürchten wir keineswegs, dass das apostolische Urteil entkräftet werden könne, welches Christi Wort, die Tradition der Väter und das ganze Ansehen der Kanones stützt, so dass es jederzeit die ganze Kirche richtet etc.“ (…) (Hard. II. 884 et 905)

Als Gelasius in einer Synode im Jahr 495 sich auf dieses sein oberstes Recht in Glaubens-Entscheidungen berief, erschallte aus dem Mund aller anwesenden Bischöfe zwölfmal mit Beifall in dieser Synode der Zuruf: „Wir sehen in Dir Christi Statthalter“; sechsmal: „Wir sehen in Dir den Apostel Petrus!“ (Hard. II. 942)

Papst Hormisdas und Papst Agapet

Papst Hormisdas († 523) sandte jene hochgefeierte Glaubens-Profession, deren wir oben im siebenten Konzil erwähnt, und die mit größter Bereitwilligkeit von allen Orientalen unterzeichnet ward, in der es heißt:

„Dies sei die erste Glaubensregel, an den apostolischen Glaubensfels sich zu halten, da Christi Wort nicht umgangen werden kann. Du bist Petrus, etc. – was auch die Tat beweist; – folgend daher in allem dem apostolischen Stuhl und seine Satzungen predigend, hoffe ich in einer Gemeinschaft mit demselben zu sein etc.“ Diese Formel sandte Hormisdas asl „conditio sine qua non“ der Rechtgläubigkeit, zur Unterschrift alle Griechen, die katholisch gelten wollten, und, wie Bossuet sagt, da sie alle unterschrieben, so hat sie die Beistimmung des Orients und Okzidents, mithin der ganzen Kirche! (Baller. De vi ac ratione Prim. 206)

Dieselbe Unterschrift im gleichen Sinne und mit der nämlichen Entschiedenheit verlangte auch Papst Agapet († 536), von Justinian dem Kaiser, der dieselbe auch von seiner eigenen Hand unterzeichnet, nach Rom sandte.

Was Vigilius betrifft, so haben wir bereits oben gesehen, wie durchdrungen von dem Bewusstsein seiner apostolischen Vollmacht er war, und wie er dieselbe im Angesicht des feindlich gesinnten Kaisers und seiner Hofbischöfe heroisch geschützt und ausgeübt.

Pelagius († 560), Nachfolger Vigils, erklärt in seinen Briefen nicht minder feierlich den apostolischen Stuhl, als das anerkannte, oberste Glaubenstribunal der Kirche. (Baron. ad an. 556)