Warum die Päpste vor Irrtum geschützt sind

„Dem hl. Petrus aber hat Christus ausdrücklich die Verheißung unüberwindlicher Felsenfestigkeit gegenüber der Hölle gegeben, und sein göttliches Wort „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Wort werden nicht vergehen“ ist vor allem auf die feierliche Verheißung zu beziehen. Wenn wir aber daher in den ununterbrochenen und stets vergeblichen Angriffen der Hölle auf das „Weib“ die teilweise Erfüllung des Urevangeliums vor Augen haben: so ist die ganze Kirchengeschichte ein fortgesetzter Beweis von der Erfüllung des Wortes Christi, indem der Heilige Stuhl sichtbar durch eine übernatürliche Macht in der Bewahrung der christlichen Wahrheit gegen alle Ränke der Hölle und der Welt geschützt wird.“ (S. 513f.)

„Von ihrer Unfehlbarkeit haben die Päpste nur die persönliche Auszeichnung, daß sie mehr als alle andern Menschen auf die treue Bewahrung der Lehre ihrer Vorgänger zu achten haben und eine furchtbare Verantwortlichkeit fürchten müssen, wo fern sie in vermessenem Leichtsinne den Beistand des Heiligen Geistes ohne vorherige Anwendung aller natürlichen Mittel mißbrauchen, oder in ihrem Tun und Reden mit der Lehre ihres Stuhles in Widerspruch treten und den Gläubigen Ärgernis geben sollten; und die Erfahrung lehrt, daß sie in dieser Beziehung stets das Beispiel der unbefleckten Jungfrau nachgeahmt haben, welche, obgleich gegen alle Leidenschaften und Sündengefahr vom Grunde aus gesichert, nichtsdestoweniger alle die Vorsichtsmaßregeln anwandte, welche andere gegen die Sünde anwenden müssen. Die Lust, neue Entdeckungen auf den Markt zu bringen, welche sonst alle eitlen Geister bezaubert, wird jedenfalls durch die Lehre der Unfehlbarkeit nicht befriedigt, denn die Unfehlbarkeit gilt für alle Päpste der Vergangenheit, wie für Pius IX., und involviert folglich für diesen die absolute Unmöglichkeit, etwas Neues, was der Lehre seiner Vorgänger widerspräche, zu lehren.“ (S. 522)

aus: M. J. Scheeben – „Das ökumenische Concil vom Jahre 1869“ Bd. 2, 1870

Das ökumenische Konzil von 1869: Pastor aeternus

Und weil der Ausspruch unseres Herrn Jesus Christus nicht übergangen werden kann, der da sagt: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, so wird die Wahrheit dieses Ausspruches durch den Erfolg bestätigt, indem auf dem Apostolischen Stuhle stets die katholische Religion unversehrt bewahrt und die heilige Lehre hochgehalten worden ist.

Um diesem Hirtenamte zu genügen, haben Unsere Vorgänger stets einen unermüdlichen Fleiß angewendet, die heilsame Lehre Christi bei allen Völkern der Erde zu verbreiten, und mit gleicher Sorge darüber gewacht, dass sie da, wo sie Aufnahme gefunden, auch unversehrt und rein erhalten werde.

Denn den Nachfolgern Petri ist der Heilige Geist nicht dazu verheißen worden, dass sie durch seine Eingebung eine neue Lehre verkünden sollten, sondern damit sie unter seinem Beistand die durch die Apostel überlieferte Offenbarung oder Glaubenshinterlage heilig bewahrten und treu auslegten. Deren apostolische Lehre haben denn auch alle ehrwürdigen Väter angenommen und die heiligen rechtgläubigen Lehrer verehrt und befolgt, im vollkommenen Bewußtsein, daß dieser Stuhl des hl. Petrus stets von allem Irrtum unversehrt bleibt, gemäß der göttlichen, von unserem Herrn und Heiland dem Apostelfürsten gegebenen Verheißung: „Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht gebreche, und du hinwiederum bestärke dereinst deine Brüder.“
Dieser Gnadenvorzug der Wahrheit und des nie gebrechenden Glaubens ist also Petrus und seinen Nachfolgern auf diesem Stuhl von Gott verliehen worden, damit sie ihr erhabenes Amt zum Heil aller verwalten, auf dass die gesamte Herde Christi durch sie von der giftigen Speise des Irrtums abgehalten und auf der Weide der himmlischen Lehre genährt werde, auf daß die Gelegenheit zur Spaltung beseitigt und die ganze Kirche in der Einheit erhalten werde und, auf ihr Fundament gestützt, feststehe gegen die Pforten der Hölle.

aus: Theodor Granderath SJ, Geschichte des Vatikanischen Konzils Von seiner ersten Ankündigung bis zu seiner Vertagung, Bd. 3, 1906, S. 515-516