Apostasie

Die Unkeuschheit ist eine Todsünde und kein geringes Übel

Der Kirchenlehrer Alphons Maria von Liguori schreibt:

Es täuschen sich diejenigen, welche sagen, dass die Unkeuschheit nur ein geringes Übel sei.

Der Unzüchtige sagt also, dass diese Sünde nur ein geringes Übel sei. Das kommt daher, weil obgleich alle übrigen Menschen den Gestank, den solch ein Unkeuscher verbreitet, und seine Hässlichkeit verabscheuen, nur er selbst nichts davon bemerkt, und sich nicht selbst verabscheut, weshalb er nach dem heiligen Petrus einem Schwein gleicht, welches sich so sehr im Kot wälzt, daß es nicht mehr erkennt, wie sehr es sich selbst entstellt hat: Das Schwein wälzt sich nach der Schwemme wieder im Kot. (2. Petr. 2, 23)

Sage mir doch, o Mensch, der du also sprichst, kannst du leugnen, daß diese Sünde eine Todsünde sei? Leugnest du es, so bist du ein Ketzer, denn, sagt der heilige Paulus: Täuschet euch nicht, weder Hurer noch Ehebrecher noch Weichlinge – werden das Reich Gottes besitzen. (1 Kor. 6, 9. 10)

Ist die Unkeuschheit aber eine Todsünde, so ist sie nicht unbedeutend, ja sie ist schwerer als Diebstahl, Verleumdung, Übertretung des Fastengebots und andere Todsünden. Wie kannst du denn aber sagen, daß sie ein geringes Übel sei. Scheint es dir etwa kein großes Übel, eine Todsünde zu begehen, die Gnade Gottes zu verachten? Ihm den Rücken zu kehren, Seine Freundschaft im eines kurzen tierischen Genusses willen zu verlieren?

Aber vor allen andern Lastern hasst Gott die Sünde der Unzucht… Er liebt unendlich Seine eigene Reinheit, und muss also auch unendlich jene Sinnlichkeit verabscheuen, welche die Menschen ein nur geringes Übel nennen.

… der Unzüchtige gleicht einem beständig fließenden Sündenstrom, da er immerfort in Gedanken, in Worten, in Blicken, im Wohlgefallen und in Berührungen sich versündigt, so daß es ihm unmöglich ist, wenn beichtet, die Zahl seiner Sünden anzugeben. Selbst im Schlaf stellt der Teufel ihm unreine Vorstellungen vor Augen, damit er beim Erwachen in dieselben einwillige. Diese Einwilligung erfolgt deshalb so leicht, weil man sich so schnell an diese Sünde gewöhnt. Zu den übrigen Lastern, zum Fluchen, zum Verleumden, zum Mord usw. spürt der Mensch keine natürliche Neigung, was indes bei der Unzucht im hohen Grad der Fall ist.

Deshalb sagt der heilige Thomas, daß keiner so schnell bereit sei, Gott zu beleidigen, als der Unkeusche. Aber die Sünde der Unkeuschheit hat auch noch eine Menge anderer Sünden in ihrem Gefolge: Verleumdung, Diebstahl, Hass und Ruhmsucht über jene Schändlichkeiten selbst, gewöhnlich aber das Ärgernis. Die andern Sünden, nämlich das Fluchen, der Meuchelmord, der Meineid etc. erregen Abscheu, aber diese Sünde reizt die andern Menschen, welche auch von Fleisch und Blut sind, sie ebenfalls zu begehen oder sie wenigstens mit weniger Widerwillen zu begehen.

Der heilige Thomas sagt, dass dem Teufel diese Sünde besonders besonders wohlgefällig sei, weil die Natur uns zu keiner Sünde mehr reizt, als zu dieser, so dass die Begierde danach unersättlich wird. (2. Quaest. 73. a. 5. ad 2) Wagst du es also noch zu behaupten, o Sünder, dass die Unkeuschheit nur ein geringes Übel sei?

Ach in der Stunde deines Todes wirst du ganz anders reden, denn alsdann wird die eine jede dieser Sünden gleichwie ein höllisches Ungeheuer erscheinen, und ach, vor dem Richterstuhl Jesu Christi werden dir diese Sünden noch weit schrecklicher vorkommen, da der Herr dir alsdann die Worte des Apostels zurufen wird: Kein Hurer oder Unzüchtiger hat einen Erbteil an dem Reich Christi. (Ephes. 5, 5) Wer gleichwie ein unvernünftiges Tier hat leben wollen, verdient es nicht, an der Seite der Engel einen Platz zu erhalten.

O meine Christen, bitten wir doch stets Gott, dass er uns von diesem Laster befreien wolle, da unsere Seelen sonst auf ewig verloren gehen. Das Laster der Unkeuschheit hat auch noch Verblendung und Halsstarrigkeit zur Folge. Alle Laster verfinstern den Geist des Menschen, aber mehr als alle bewirkt dies das Laster der Unzucht: Die Hurerei und Trunkenheit rauben den Verstand. (Os. 4, 11)

Gleichwie der Wein bewirkt, dass man den Gebrauch der Vernunft verliere, so tut dies auch das Laster der Unzucht, weshalb der heilige Thomas sagt, dass der Unkeusche der Vernunft nicht mehr folgen könne. Verliert ein Solcher aber das göttliche Licht, und vermag er nicht mehr das Böse zu erkennen, wie kann er da wohl seine Sündern verabscheuen und sich bessern?

Der Prophet Oseas sagt: Sie richten ihre Gedanken nicht auf die Rückkehr zu ihrem Gott: denn der Geist der Hurerei ist unter ihnen, und den Herrn erkennen sie nicht (Os. 5,4) Es kommt ihnen gar nicht mehr in den Sinn sich zu Gott zu bekehren, da sie Ihn nicht mehr erkennen. … Daher weiß der Unzüchtige gar nicht mehr, was die Worte bedeuten: Gnade Gottes, jüngstes Gericht, Hölle und Ewigkeit! –

aus: Alphons M. v. Liguori, Gesammelte Predigten, Erster Teil, 1842, 25. Predigt, S. 416 – S. 420

siehe auch den Beitrag: Wann begeht man eine Todsünde

sowie: Worin besteht die Bosheit der Todsünde

und: Welches sind die Folgen der Todsünde

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