Unter den Katholiken gibt es zwei Klassen von Priesterhassern

Es ist gar nichts Auffallendes, daß die Geusen in Gorkum (siehe den Beitrag: Die 19 heiligen Märtyrer von Gorkum) aus den gefangenen Verteidigern des Schlosses gerade die Priester heraus suchten und zu Tod gemartert haben. Denn so lange es auf der Welt katholische Priester gibt, waren sie immer nicht bloß für die Heiden und Irrgläubigen, sondern auch für viele Katholiken ein Gegenstand des Hasses, der Verleumdung und Verfolgung. Du findest keine Provinz, keine Stadt, kaum ein Dorf, wo nicht Einige einen unversöhnlichen Hass kund geben gegen die Priester und zwar vorzüglich gegen diejenigen, welche durch Wissenschaft, Frömmigkeit und Diensteifer sich auszeichnen. Willst du den Grund dieser allbekannten Tatsache wissen, so brauchst du nur zu untersuchen, was das für Leute sind, welche die katholischen Priester hassen. Unter den Katholiken sind es besonders zwei Klassen:

1. Die lasterhaften Katholiken, welche dem Stolz, dem Geiz, der Unmäßigkeit, der Unsittlichkeit frönen. Diese hassen die Priester, weil dieselben durch die Verkündigung der ewigen Wahrheiten, durch die Ausspendung der göttlichen Gnaden und durch ihren persönlichen Lebenswandel wider sie und ihre Praxis protestieren, lästige Mahner an ihre Hauptpflichten und ihre letzten Dinge sind und die Stimme des pochenden Gewissens, die sie so gerne unterdrücken möchten, verschärfen. Sie hassen die Priester, weil sie diese und nicht ihre eigenen Missetaten für die Ursache der qualvollen Zerrissenheit ihres Gemütes halten und deshalb meinen, ihr Herz würde wieder Friede und Ruhe finden, wenn die Priester aus dem Land wären.

2. Die andere Klasse der Priesterhasser sind die glaubenslosen Katholiken, welche nicht mehr die von Jesus Christus gestiftete, vom heiligen Geist geleitete Kirche als die göttliche Lehrerin der Menschheit anerkennen, sondern nur ihre eigene Vernunft oder vielmehr ihre Partei, oder gar oft einen lichtscheuen Bund, dem sie sich durch einen nächtlichen Eid verschrieben haben. Ihr Herr und Meister ist der Fürst dieser Welt, derselbe, welcher die hohen Ratsherren in Jerusalem aufreizte, wider Jesum falsche Zeugnisse zu suchen, ihren Präsidenten Kaiphas entflammte, den Sohn des lebendigen Gottes zu verdammen, und den kaiserlichen Statthalter Pilatus nötigte, Den, an Den er keine Schuld fand, geißeln, mit Dornen krönen und kreuzigten zu lassen. Solche Katholiken hassen zwar die heilige Kirche als solche grundsätzlich: aber weil es ihnen an Macht fehlt, die ganze Kirche öffentlich zu verfolgen (…), so kehren sie ihre Wut gegen einzelne Priester und Mönche, und setzen dabei die Larve der Heuchelei auf, als ob sie brennen vor Eifer für die Ehre Gottes und für das Wohl der Kirche. Trau, schau, wem! –

aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 565 – S. 566

siehe auch den Beitrag: Die geistlichen Sendboten des Teufels