Zeugnis aller allgemeinen Konzilien des Morgen- und Abendlandes für die apostolische Vollmacht des Papstes

XVI. Allgemeines Konzil von Konstanz

Dieses Concilium, welches zunächst die Beendigung des großen Schismas zum Gegenstand hatte, versammelte sich im Jahr 1414 zu Konstanz. Ein Umstand, der sehr wohl zu berücksichtigen, damit man nicht das, was in diesem Konzil bis zur Erwählung Martins V. von den Prätendenten des Papsttums gesagt ist, als von den anerkannt rechtmäßigen Päpsten, gesagt betrachte, wie dies gewöhnlich von den Feinden der Päpste und ihrer apostolischen Vollmacht zu geschehen pflegt, auf deren Einwürfe in Betreff dieses Konzils, welches sie so gern gegen die Obergewalt des apostolischen Stuhles in Glaubens-Entscheidungen zu missbrauchen pflegen, wir später eigens noch antworten werden.

Hierorts führen wir nur das zum Beweis an, was unleugbar beweist, wie das Concilium, weit entfernt, dem rechtmäßig erwählten Nachfolger Petri seine Machtfülle in Abrede zu stellen, dieselbe im Gegenteil und namentlich dessen definitives apostolisches Lehramt in Dingen des Glaubens feierlichst anerkannt habe. Beweis dessen ist uns die, gegen die drei ersten Propositionen Wiclifs erlassene und von dem Konzil in seiner achten Session bestätigte Zensur, in welcher das Konzil gegen Wiclif, dessen Irrtümer Rom bereits verdammt hatte, nach den Worten der Kardinäle, Bischöfe, Äbte und Theologen, denen sie die Abfassung der Zensur aufgetragen, also erklärte:

„Es ist unmöglich, dass der apostolische Stuhl, dass die römische Kirche etwas festsetze und für echt katholisch halte, was nicht der wahre Glauben wäre… Denn wie wäre sie sonst die Mutter, das Haupt aller Kirchen, der man in allem zu folgen verbunden ist, und zu der man in allen Zweifeln und Schwierigkeiten, sobald sich ein Glaubensstreit erhebt, seine Zuflucht nehmen muss. – Wie wäre sie sonst ohne Makel; wie wäre man ihr nach Gott vor allen heiligst zu gehorchen verpflichtet, so dass, wer ihr widerspricht, als Ketzer gilt. Wie vermöchte sie sonst alle zu richten, ohne dass es gestattet sei, dass irgend jemand sie richte? Wie würde sonst ein Christ, der ihr zu gehorchen sich weigert, die Sünde des Unglaubens begehen?“ –

Welch ein Bekenntnis! Wenn also dasselbe Konzil in der vierten und fünften Session von einer Unterordnung des Papstes unter das Konzil spricht, so kann dies durchaus nicht anders, als von den schismatischen, ungewissen Päpsten zu verstehen sein. So erklärt das Konzil in der vierzigsten Sitzung durch folgenden Ausspruch: „Der rechtmäßig erwählte Papst kann vom Konzil nicht gebunden werden.“ „Papa rite ac canonice electus a Concilio legari non potest.“

Dies bewies auch Martin V. sogleich, als er nur legitim erwählt und anerkannt war. Er übte das Recht der Bestätigung des Konzils, ohne welche das Konzil keine Gültigkeit hat; ein Akt, der aber für sich schon alles beweist, was wir zu beweisen uns vorgesetzt, und dies früher bereits in dem Abschnitt der „Ratio theologica“ ausführlicher nachgewiesen.

Doch noch klarer erklärte und vindizierte Martin dieses oberste Entscheidungsrecht in Dingen des Glaubens des Statthalters Christi, und noch klarer, bestimmter, bekräftigte selbes das Konzil. Martin V. gab in diesem Konzil selbst seine Bulle heraus, durch welche die Appellationen vom Papst an ein Concilium verdammt wurden. „Niemandem“, heißt es in dieser Bulle, „ist es erlaubt, vom höchsten Richter, nämlich vom päpstlichen Stuhl, oder dem römischen Papst, dem Statthalter J. Ch. auf Erden, zu appellieren, oder seinem Urteil in Glaubenssachen auszuweichen.“ (1) –
aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 189 – S. 192

(1) siehe dazu auch aus dem Gesetzbuch CIC Kanon 2332: Appellation an ein Konzil

Siehe auch den Beitrag: Steht das Konstanzer Konzil über dem Papst?

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