Zeugnis aller allgemeinen Konzilien des Morgen- und Abendlandes für die apostolische Vollmacht des Papstes

II. Allgemeines Konzil von Konstantinopel I.

Nur das Ansehen des Papstes Damasus, wie der scharfsinnige Gerbert bemerkt, und das der nachfolgenden Päpste allein, hatte diese Provinzial-Synode zum Ansehen und bindenden Kraft eines allgemeinen Conciliums erhoben. Damasus bediente sich dieses ursprünglich nur gelegenheitlich gehaltenen Provinzial-Conciliums, zur kräftigeren Verbreitung seiner Glaubens-Entscheidungen gegen Sabellinus, Macedonius, Eunomius und Apollinaris.

Bossuet selbst führt den Beweis dafür aus Sozomenus an, der von jenen Streitfragen berichtet, und nachdem er das Sendschreiben des Papstes an die Orientalen angeführt, in welchem Damasus unter Bannfluch vorschreibt, was in Betreff jener Streitpunkte zu glauben sei, beifügt: „Da somit der Streit durch das Urteil der römischen Kirche entschieden war, so schien alles beruhigt, und die Sache beendigt.“ „Quo facto, utpote judicio Romanae Ecclesiae controversia terminata – quievere, et finem quaestio accepisse visa est.“

Da dies jedoch bei den Häretikern nicht der Fall war, so wollte Damasus die Umtriebe derselben durch die Mitwirkung der Synode unterdrücken. Baronius beruft sich dabei auf sehr alte Codices der Bibliothek des Vatikan, die von diesem Willen Damasi Betreff des Konzils Zeugnis geben. (Baron. ad a. 381. Nro. 19) „Damasus“, heißt es daselbst, „befahl das Verdammungs-Urteil des Macedonius und Eunomius auch in der zweiten heiligen Synode zu bekräftigen.“ Übrigens waren es die Bischöfe des Orients selbst, welche Damasus anriefen, ihnen auf solche Weise durch sein apostolisches, oberstes Richteramt, als letzte und höchste Zuflucht in Glaubenssachen beizustehen. Beweis dessen, sind die oben angeführten Briefe des heil. Basilius, Primas von Kappadozien, der im Namen der Orientalen, also an den Papst schreibt:

„Vergeblich warten wir auf Hilfe, wenn uns nicht durch Euch der Herr Heilung sendet.“ „Non est quod aliunde opemexpectemus, nisi per Vos, Dominus curationem miserit.“ „Diese Sorge verlangen wir von Euch, und Ihr werdet sie ausüben, wenn Ihr allen Kirchen des Orients zu schreiben die Gnade habt, und verordnet, dass es durch alle Kirchen des Orients veröffentlicht und bekannt gemacht werde.“ „Horum curam a Vobis exquirimus; eam adhibebitis, si universis Orientis Ecclesiis scribere dignemini. – Omnibus Orientis Ecclesiis publicari et manifestari petimus.“

So bezeugt Basilius, nicht nur seine Anerkennung der oberstricherlichen Gewalt Roms in Glaubens-Entscheidungen durch definitive Reskripte, sondern auch die des ganzen Orients. Wie konnte er sonst von einer solchen Zuschrift des Papstes an die Orientalen eine so unbezweifelbare Wirkung sich versprechen? –

Basilius hatte sich auch nicht betrogen. Hieronymus und Gregor von Nazianz, Männer derselben Zeit, gleichfalls nicht; und dergleichen päpstliche Zuschriften auch ohne Konzil, hatten und habe ihre entschiedene und entscheidende Wirkung zur Unterweisung und Stärkung im Glauben bis auf diese Stunde.

Die Väter des Konzils sandten ein überaus demütiges Synodalschreiben an den Papst, und baten überdies um Bestätigung ihrer Canones. Der Papst schrieb ihnen und lobte sie, dass sie ihre schuldige Ehrfurcht gegen den apostolischen Stuhl an den Tag gelegt. „Quod debitam sedi apostolicae reverentiam exhibet caritas vestra, vobis ipsis plurimum praestatis.“ Diese ihre Anerkennung der päpstlichen Autorität als oberstes Glaubens-Tribunal, erhellt in diesem Schreiben besonders noch daraus, dass sie den Papst eigens baten, noch einen gewissen Timotheus, einen Schüler des Apollinaris zu verdammen, was zu Rom ohnedies schon geschehen war. Damasus selbst in seinem Antwortschreiben beruft sich darauf, indem er sagt: „Wir haben ja bereits ein Glaubens-Bekenntnis erlassen, dem jeder beizupflichten hat, der sich als Christ bekennt. Warum verlangt ihr also, dass ich Timotheus noch einmal verurteile!“ „Jam enim semel formulam dedimus, ut, qui se christianum profiteatur, illud servet, – quid ergo Timothei damnatiionem denuo a me requiritis!“

Nur insofern aber, sagte ich, als dieses Konzils durch die Bestätigung des Papstes Kraft erhielt, hatte es auch Gültigkeit. Rom verwarf nämlich die übrigen Synodal-Anordnungen dieses Konzils, wie es aus dem Brief Gregors des Großen an die Patriarchen von Alexandrien und Antiochien, und an den Bischof Cyriakus von Konstantinopel erhellt (Lib. VI. Ep. IV. et XXXI.), und sie blieben ohne bindende Kraft, bis Innozenz im XIII. Jahrhundert erst unter gewissen Bedingungen dieselben bestätigte. –
aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 148 – S. 151