Der 1. Brief des heiligen Apostels Paulus an die Korinther 6. Kapitel
1. Brief an die Korinther Kap. 6, Vers 1-20 Der Leib darf nicht durch Hurerei entweiht werden
Nur unter euch richtet und schafft die Ärgernisse unter euch selbst weg. Darum sollt ihr auch keinen Rechtshandel vor heidnische Richter bringen. Dies wäre des Christen unwürdig; denn auch die Geringsten unter euch vermögen über zeitliche Dinge zu urteilen. Es sollten aber unter euch überhaupt solche Streitigkeiten gar nicht vorkommen; denn Ungerechtigkeiten sollte der Christ leiden, und Ungerechte sollten unter Christen gar nicht sein, weil solche, so wie andere Verbrecher, dergleichen ihr vor der Taufe gewesen seid, das Reich Gottes nicht erben können. Zwar ist das Rechten um zeitliche Dinge nicht unerlaubt; aber man soll sich nicht zum Kslven derselben machen; denn sie sind wie die Speise nur für den Leib bestimmt, und vergehen mit ihm. Bei dieser Bestimmung der zeitlichen Dinge für den Leib muss dieser jedoch rein von Hurerei bleiben. Der Leib soll dem Herrn dienen, wie der Herr selbst auf gewisse Weise für unseren Leib sorgt, indem er unserer Seele inne wohnt, und wir in ihm auferstehen. Dieser hohen Würde wegen, gemäß welcher unsere Leiber gleichsam Glieder Christi sind, darf der Leib nicht durch Hurerei entweiht werden. Wer dies tut, wird statt mit Gott mit der Hure eins, sündigt wider sich selbst und entheiligt den teuer erkauften Tempel des heiligen Geistes.
1. Wagt es Jemand von euch, der einen Streithandel (1) mit einem andern hat, sich bei den Ungerechten richten zu lassen und nicht bei den Heiligen? (2)
2. Wisset ihr nicht, dass die heiligen diese Welt richten werden? (3) Und wenn durch euch die Welt gerichtet wird, seid ihr nicht würdig, die geringsten Dinge (4) zu richten?
3. Wisset ihr nicht, dass wir Engel richten werden? (5) Um wie viel mehr irdische Sachen?
4. Wenn ihr denn irdische Rechtshändel habt, so setzt die Unansehnlichsten, die in der Gemeinde sind, zu Richtern. (6)
5. Zu eurer Beschämung sage ich es. Ist denn nicht ei Weiser unter euch, der zwischen seinen Brüdern Recht sprechen könnte?
6. Sondern ein Bruder streitet sich mit dem Bruder, und das vor Ungläubigen.
7. Schon das ist allerdings ein Fehler bei euch, dass ihr Streitigkeiten untereinander habt. Warum leidet ihr nicht lieber Unrecht? Warum lasset ihr euch nicht lieber übervorteilen? Matth. 5, 39; Luk. 6, 29; Röm. 12, 17; 1. Thess. 4, 6.
8. Ihr tut vielmehr Unrecht und übervorteilt und das Brüder.
9. Wisset ihr nicht, dass Ungerechte das Reich Gottes nicht besitzen werden? Täuschet euch nicht! Weder Hurer, noch Götzendiener, noch Ehebrecher,
10. noch Weichlinge (7), noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Geizige, noch Säufer, noch Lästerer, noch Räuber werden das Reich Gottes besitzen.
11. Und solche sind Einige aus euch gewesen: ihr seid aber abgewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerechtfertigt im Namen unseres Herrn Jesu Christi und im Geist unseres Gottes. (8)
12. Alles ist mir erlaubt, aber nicht Alles frommt: Alles ist mir erlaubt, aber Nichts soll die Herrschaft über mich erhalten. (9)
13. Die Speise ist für den Bauch, und der Bauch für die Speise: Gott aber wird sowohl diese als jenen zerstören. (10) Aber der Leib ist nicht für die Hurerei, sondern für den Herrn, und der Herr für den Leib. (11)
14. Gott aber hat den Herrn auferweckt, und er wird auch uns auferwecken durch seine Macht. (12)
15. Wisset ihr nicht, dass eure Leiber Glieder, Christi sind? (13) Soll man nun die Glieder Christi nehmen, und sie zu Gliedern einer Hure machen? Das sei ferne!
16. oder wisset ihr nicht, dass, wer einer Hure anhängt, Ein Leib mit ihr wird? Denn es werden (sagt er) die Zwei in Einem Fleisch sein. (14)
17. Wer aber dem Herrn anhängt, ist Ein Geist mit ihm. (15)
18. Flieht die Hurerei! Jede Sünde, die der Mensch begeht, ist außer dem Leib: wer aber Hurerei treibt, der sündigt wider seinen eigenen Leib. (16)
19. Wisset ihr nicht, dass eure Glieder (17) ein Tempel des heiligen Geistes sind, der in euch ist, den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? (18)
20. Denn ihr seid um teuren Preis erkauft. (19) Verherrlicht und tragt Gott in eurem Leibe! (20)
Anmerkungen:
(1) einen Rechtsstreit um Mein und Dein, um irdische Güter.
(2) Vor heidnischen und nicht vor christlichen Richtern.
(3) Mit Christo beim letzten Gericht. S. Matth. 19, 28.
(4) die unbedeutenden Angelegenheiten des bürgerlichen Lebens.
(5) Mit allen Ungerechten auch die bösen Engel (Chrys., Theod., Theophy.). Vgl. 2. Petr. 2, 4; Jud. 6; Weish. 3, 8.
(6) denn dies wäre doch noch besser, als vor die Heiden zu gehen.
(7) Selbstbeflecker.
(8) Solche Sünder sind Einige von euch gewesen, aber ihr seid gereinigt, geheiligt – gerechtfertigt worden durch die Taufe unseres Herrn Jesu Christi, an den ihr gläubig geworden seid, nämlich gereinigt durch den Geist Gottes, dessen reinigende und heiligende Gnade Christus durch sein Erlösungswerk verdient hat. Um so mehr sollt ihr euch befleißen, nicht mehr in solche Sünden zu fallen. Der Name ist hier die im Namen Christi vollzogene Taufe (Apostelg. 19, 5), wie aus dem Ausdruck „abgewaschen“ erhellt (Chrys.; Theophyl.). Bemerke, wie hier die Rechtfertigung keine bloße Gerechterklärung, sondern eine wirkliche Reinigung und Heiligung genannt ist. Siehe Röm. 1, 17. Im Griech.: im Namen des Herrn Jesu und im etc.
(9) Auf das, was Paulus über die Erduldung des Unrechtes gesagt hat (Vers 7), konnte man ihm einwenden, dass es erlaubt sei, seine Rechte geltend zu machen, und für die Erhaltung der zum Lebensunterhalt notwendigen Dinge zu sorgen. Diesem Einwurf scheint er mit dem obigen Vers zu begegnen, und es ist, als ob er sagte: Es kann erlaubt sein, unsere Rechte vor Gericht geltend zu machen, aber es kann (für unser und Anderer Heil, das wir vor Allem im Auge haben sollen) zuträglicher sein, nicht vor Gericht zu treten: es kann erlaubt sein, sein hab und Gut zu verteidigen, aber es kann in manchen Fällen zuträglicher sein, es nicht zu tun, damit Nichts, kein irdisches Gut, die Herrschaft über uns erhalte. Der Apostel spricht hier von den frei gegebenen Dingen, den sogenannten Mitteldingen, die nicht geradezu geboten oder verboten sind, bei deren Ausübung oder Unterlassung man aber auf den geistlichen Nutzen sehen soll, der für unser oder des Nächsten Seelenheil daraus hervor geht. Ausführlicher hat er darüber gehandelt Röm. 14.
(10) Die Nahrung und alle Güter dieses Lebens sind zur Erhaltung dieses irdischen und vergänglichen Leibes bestimmt, aber Gott wird einst sowohl diese Güter als den Leib, so weit er irdisch ist, zerstören. Es geziemt sich also nicht, will der Apostel sagen, den irdischen Gütern und dem Leib zu frönen; der Christ soll vielmehr einen zeitlichen Vorteil gerne aufgeben, wenn dies zur Beförderung des eigenen oder fremden Seelenheils geschehen kann.
(11) Der Apostel hatte so eben gesagt, dass man die notwendigen Bedürfnisse des Leibes befriedigen dürfe, wiewohl man auch hierin der Liebe manches Opfer bringen soll. Dies veranlaßt ihn, auf ein unstatthaftes Bedürfnis, die Hurerei, überzugehen, die ein so sehr in Korinth herrschendes Laster war. Der Sinn ist also: Wenn ich sage, dass die Nahrung für den Leib bestimmt ist und der Leib für die Nahrung, so ist der Leib nicht auch für die Hurerei, sondern unter Anderem dazu bestimmt, dem Herrn in Keuschheit zu dienen, so wie der Herr ebenfalls gleichsam unserm Leib dient, indem er die Seele unserer Seele und so auch die Seele unseres Leibes ist, welche Verbindung das Unterpfand unserer künftigen Auferstehung ist, indem Gott die, welche Christus beseelt, eben so auferwecken wird, wie Christum selbst (Vers 14).
(12) Über die Auferweckung Christi durch Gott siehe Apostelg. 2.
(13) Der Apostel verbreitet sich noch weiter über die innige Verbindung Christi mit uns, und wie dieselbe der stärkste Beweggrund sein müsse, unsern Leib vor aller Hurerei rein zu erhalten. Wisset ihr nicht, dass eure Leiber zusammen die Kirche, den Leib bilden, wovon Christus das Haupt ist, so dass ihr also die Glieder Christi seid? Röm. 12, 5. Die Glieder unseres Leibes, unsere Leiber gehören nicht mehr uns; sie sind Christi und nicht nur sein Eigentum, sondern sie sind seiner und seiner Menschheit teilhaftig, sie werden angesehen als Teile des ganzen Leibes Christi. Wir tragen Christi Glieder. Was für eine große Süde ist die Hurerei ei einem Christen!
(14) Gott sagt dies (1. Mos. 2, 24) in Beziehung auf die Vereinigung des Mannes mit dem Weib.
(15) Wer sich dem Herrn ergibt, mit dem vereinigt sich dieser im Geist so, dass er denkt, will und handelt, wie der Herr gedacht, gewollt und gehandelt hat. Die Geisteslehrer nennen diese Vereinigung die geistliche Ehe, und die heilige Theresia schreibt hierüber, dass sichs dabei gerade so verhalte, wie wenn zwei Lichter zusammen gehalten werden; sie bleiben zwar zwei und können wieder getrennt werden, aber in ihrer Vereinigung sind sie Ein Licht.
(16) Jede andere Sünde ist insofern außer dem Leib, als keine den Leib so unmittelbar und bleibend befleckt, und keine ihn in so schmähliche Sklaverei übergibt, als die Hurerei, die den Leib unmittelbar befleckt, weil sie nur ihn zum Zweck hat, und einer andauernden, schmählichen Knechtschaft unterwirft, indem sie ihn zum Eigentum einer Hure, des verworfensten Gliedes der menschlichen Gesellschaft, macht.
(17) Im Griech.: euer Leib.
(18) Wie Christus, wohnt auch der heilige Geist in dem Christen; denn dieser ist der Geist Christi. Der heilige Augustin bemerkt hierzu: Das Leben des Körpers ist die Seele, das Leben der Seele ist Gott. So wohnt der Geist Gottes in der Seele und durch die Seele im Körper, so dass unsere Körper Wohnungen des heiligen Geistes sind, den wir von Gott haben.
(19) Wir gehören nicht uns, sondern Christo an., der uns mit seinem Blut aus der Sklaverei der Sünde und des Satans erkauft hat.
(20) Ehrt Gott, den ihr in euch tragt, durch ein keusches, reines Leben! Vergl. Röm. 8, 11; Ob. 3, 16. Die Worte „und tragt“ sind nicht im Griechischen. –
aus: Joseph Franz Allioli, Die Heilige Schrift des alten und neuen Testamentes. Aus der Vulgata, 6. Bd. 1838, S. 98 – S. 101