Die Bezeugung des Glaubens

Hl. Johannes, Apostel und Evangelist

 Der erste Brief des heiligen Apostels und Evangelisten Johannes Das 5. Kapitel

Die Bezeugung des Glaubens an Jesus Christus

Die Bruderliebe hängt auch mit der Wiedergeburt aus dem Vater zusammen; denn da der Wiedergeborene seinen Vater liebt, liebt er auch seine Brüder. Gott, den Vater, lieben wir aber, wenn wir seine Gebote halten, die nicht schwer sind, weil der lebendige Glaube an Jesus, den Sohn Gottes, alle Hindernisse, welche die Welt einem heiligen Leben entgegen setzt, überwinden kann. Dieser Glaube beruht auf der wirklichen Erscheinung Jesu Christi auf Erden, der nicht bloß in der Taufe zum Lehrer bestellt worden, sondern auch durch seinen blutigen Tod sich als Versöhner dargestellt hat und durch den heiligen Geist bestätigt worden ist. So ist die Wahrheit nicht bloß himmlisch durch die drei göttlichen Personen, sondern auch irdisch durch den Geist, das Wasser und das Blut bezeugt, und diese Zeugen stimmen zusammen, wie sie wesentlich Eins sind. Es sind göttliche Zeugnisse. Der Gläubige nimmt sie an, und erkennt, dass uns Gott in seinem Sohn das Leben gegeben hat, welches uns das Vertrauen einflößt, in Allem, was nach Gottes Willen ist, erhört zu werden, z. B. einem Sünder zum Leben verhelfen zu können, obwohl hierin bei leichteren und Todsünden ein Unterschied obwaltet. Was aber die Sünde betrifft, so wisset ihr, dass sie sich mit der Wiedergeburt nicht vereinbare, und dass Jesus Christus uns die wahre Erkenntnis gegeben, um uns vor allem Unheiligen hüten zu können.

1. Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus sei (1), ist aus Gott geboren: und Jeder, welcher den Erzeuger liebt, liebt auch den, der aus ihm erzeugt ist (2).
2. Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten (3).
3. Denn das ist (4) die Liebe zu Gott, dass wir seine Gebote halten: und seine Gebote sind nicht schwer;
4. denn Alles, was aus Gott geboren ist, überwindet die Welt: und das ist der Sieg, welcher die Welt überwindet, unser Glaube.
5. Wer ist es, der die Welt überwindet, als der, welcher glaubt, dass Jesus der Sohn Gottes ist? (5)
6. Dieser ist es (6), der durch Wasser und Blut gekommen ist, Jesus Christus, nicht durch das Wasser allein, sondern durch das Wasser und durch das Blut: und der Geist bezeugt, dass Christus die Wahrheit sei (7).
7. Denn Drei sind, die Zeugnis geben im Himmel: der Vater, das Wort und der heilige Geist, und diese Drei sind Eins.
8. Und Drei sind, die Zeugnis geben auf Erden: der Geist, und das Wasser, und das Blut, und diese Drei sind Eins (8).
9. Wenn wir der Menschen Zeugnis annehmen, so ist das Zeugnis Gottes größer: dies aber ist das Zeugnis Gottes, welches größer ist, dass er von seinem Sohn bezeugt hat (9).
10. Wer an den Sohn Gottes glaubt, der hat Gottes Zeugnis in sich: wer dem Sohn (10), nicht glaubt, der macht ihn zum Lügner, weil er an das Zeugnis nicht glaubt, welches Gott von seinem Sohn bezeugt hat (11).
11. Und das ist das Zeugnis, dass uns Gott das ewige Leben gegeben hat, und dieses Leben ist ins einem Sohn (12).
12. Wer den Sohn hat, der hat das Leben: wer den Sohn nicht hat, der hat das Leben nicht.
13. Das schreibe ich euch, damit ihr wisset, dass ihr das ewige Leben habt, die ihr an den Namen des Sohnes Gottes glaubt.
14. Und dies ist das Vertrauen, das wir zu ihm haben, dass er uns in Allem, was wir nach seinem Willen begehren werden, erhört (13).
15. Und da wir wissen (14), dass er uns erhört, was wir immer bitten, so wissen wir, dass wir das von ihm Erbetene (15) erlangen.
16. Wer da weiß, dass sein Bruder sündige, aber nicht zum Tode (16), der bitte, und es wird dem, der nicht zum Tod sündigt, das Leben gegeben werden (17). Es gibt eine Sünde zum Tod: und nicht für diese sage ich, dass Jemand bitten solle (18).
17. Alle Ungerechtigkeit ist Sünde (19), und es gibt eine Sünde zum Tod (20).
18. Wir wissen, dass Jeder, der aus Gott geboren ist, nicht sündigt, sondern die Geburt aus Gott bewahrt ihn, und der Böse tastet ihn nicht an (21).
19. Wir wissen, dass wir aus Gott sind: und die ganze Welt liegt im Bösen (22)
20. Und wir wissen, dass der Sohn Gottes gekommen ist, und uns den Sinn gegeben hat, den wahren Gott zu erkennen, und mit seinem wahren Sohn vereinigt zu sein. Dieser ist der wahre Gott und das ewige Leben (23).
21. Kindlein, hütete euch vor den Götzen (24). Amen.

Anmerkungen:

(1) der als Heiland erschienene Sohn Gottes, der Messias sei.
(2) Der Apostel fährt fort, die notwendige Verbindung der Gottes- und Bruderliebe zu zeigen. Diese Verbindung, sagt er, folgt auch aus der Wiedergeburt. Der Wiedergeborene liebt nicht nur seinen Vater, Gott, sondern auch die andern wieder geborenen Brüder, mit denen er so enge verbunden ist.
(3) Wie das Kennzeichen der wahren Gottesliebe die Bruderliebe ist (oben 4, 11ff), so ist hinwiederum das Kennzeichen der wahren Bruderliebe die Gottesliebe, welche in der Beobachtung seiner Gebote sich äußert. Wir dürfen also aus Bruderliebe die Gottesliebe nicht verletzen.
(4) Darin äußert, offenbart sich.
(5) Die Gebote Gottes zu halten, ist nicht schwer; denn der Wiedergeborene, der Christ überwindet die Welt, alles Ungöttliche, was ihn zur Sünde reizt und lockt, durch den Glauben, und zwar durch den Glauben an den göttlichen Erlöser; denn durch diesen Glauben erhält er alle Gnadenmittel zur Überwindung der Feinde seines Heiles.
(6) Der Apostel beweist nun, dass dieser Glaube an Jesum, der so mächtig ist, auf den sichersten Zeugnissen beruhe, keine bloße Einbildung sei, sondern auf geschichtliche Tatsachen sich stütze.
(7) Jesus ist durch Tatsachen, die sich mit ihm zutrugen, wahrhaftig als Erlöser und Heiland der Welt erwiesen, dadurch nämlich, dass er gekommen ist durch Wasser, d. h. durch die Taufe, welche er von Johannes, dem Täufer, am Jordan empfing, und welche die feierliche Weihe zu seinem Amt war: ferner dadurch, dass er mit Blut gekommen ist, d. i. dass er sein Versöhnungsopfer, das von den Propheten vorher gesagt war und nicht ohne Blut zu Stande gebracht werden konnte (Hebr. 9, 22; 10, 22), wirklich dargebracht hat. Endlich ist auch der Geist Gottes ein Zeuge dafür, d. h. der über die Gläubigen ausgegossene Geist, die gleichsam sichtbaren Wirkungen desselben, welche von der Wahrhaftigkeit Jesu (Joh. 15, 26) und also von diesem selbst zeugen. – Im Griech.: und der Geist bezeugt es; denn der Geist ist Wahrheit.
(8) Diese Verse 7 und 8 geben nicht die Ursache von Vers 6, sondern erklären diesen Vers nur weiter, so dass der Sinn ist: denn für die wirkliche Erscheinung Christi als Erlöser auf Erden zeugen nicht bloß die drei himmlischen, unsichtbaren Zeugen, der Vater, das Wort und der heilige Geist in völliger Übereinstimmung untereinander, sondern dahin stimmen auch drei irdische, sichtbare Zeugen auf Erden zusammen: der heilige Geist in seinen Gnadenwirkungen, die Taufe und der blutige Tod Christi. Die Worte: „diese drei sind Eins“, bedeuten in beiden Versen zunächst: und diese drei stimmen in ihrem Zeugnis zusammen; zugleich aber sprechen sie die Wesensgleichheit der angeführten Zeugen aus. Der Vater, das Wort und der heilige Geist sind von Einer göttlichen Wesenheit: die Geistesgaben, das Wasser und das Blut sind ebenfalls von Einer Wesenheit; denn Allen liegt der göttliche Geist zu Grunde, den Geistesgaben, weil sie seine Wirkungen sind, der Taufe Christi, sofern er sich dabei über Christum in unendlicher Fülle ergoss, und dem Blut Christi, soferne Christus im heiligen Geist sein unendliches Opfer darbrachte, und die Gnade des heiligen Geistes allen Menschen dadurch verdient hat. Die Echtheit des Verses 7 ist in der christlichen Kirche vielfach angestritten worden, weil ihn die ältesten griechischen Handschriften nicht haben, und die Väter nicht anführen; indessen findet er sich doch in der alten englischen Handschrift und in einigen jüngeren, der heilige Cyprian spielt darauf in seinem Werk über die Einheit der Kirche zum Beweis der Dreieinigkeit an, und die afrikanische Kirche gründet darauf in ihrem Glaubensbekenntnis, welches sie im Jahr 484 nach Chr. dem König der Vandalen Hunerich überreichte, ihren Glauben an die Gottheit des Sohnes.
(9) Bei der Taufe (Matth. 3, 16 u. 17) und in seinem göttlichen Leben und Wirken (Joh. 5, 32 u. 36).
(10) Im Griech.: wer Gott nicht etc.
(11) Der Gläubige hält an Gottes Zeugnis, der Ungläubige erklärt Gott als Lügner, weil er sein Zeugnis verwirft, indem er der Meinung ist, Gott könne auch das Unwahre bezeugen.
(12) Die Absicht des göttlichen Zeugnisses geht dahin, uns zu überzeugen, dass uns Gott in seinem Sohn das ewige Leben gegeben hat.
(13) Mit dem Leben, das wir durch den Sohn erhalten, ist das Vertrauen verbunden, in Allem erhört zu werden, was nach Gottes Willen ist. Oder: der lebendige Christ, der wahre Christ darf das Vertrauen haben, in Allem erhört zu werden, um was er nach Gottes Willen bittet.
(14) Im Allgemeinen (Vers 14).
(15) in einem besonderen Fall, wie der Apostel Vers 16 einen als Beispiel anführt.
(16) Sündige, ohne dass doch das Leben seiner Seele, die heiligmachende Gnade verloren gehe, dies geht bei jeder Todsünde verloren; der Apostel scheint indes nur solche besonders schwere Sünden im Auge zu haben, mit welchen der Zustand der Unbußfertigkeit verbunden ist, wie z. B. schwere Gewohnheits-Sünden, der Unmäßigkeit, Unzucht, Habsucht, die Sünde wider den heiligen Geist, Siehe das Folgende.
(17) Die Gnade der Besserung.
(18) Versteh: mit dem auf die Verheißung sich gründenden Vertrauen, erhört zu werden: denn nur von dem Bittgebet, dem die Erhörung verheißen ist, ist hier die Rede (Vers 15). Der Apostel untersagt also nicht überhaupt das Gebet für derlei Sünden, sondern sagt nur, dass man für sie nicht mit der sicheren Überzeugung beten solle, erhört zu werden. Der Grund, warum die Erhörung bei solchen Sünden zwar nicht unmöglich, aber äußerst selten eintritt, ist, weil ihr freier Wille sich so sehr im Bösen gefällt und festsetzt, dass er der göttlichen Gnade die größten Hindernisse entgegen stellt, und sie fast immer unkräftig macht. Bemerke auch: Wenn Christus (Joh. 14, 13) allgemein ausspricht, dass wir in Allem erhört werden, was wir im Namen Jesu bitten, so hat er die Regel, der heilige Johannes hier die Ausnahme gegeben.
(19) Alles was das Rechte, nämlich das Gesetz verletzt, ist Sünde.
(20) Im Griech.: und es gibt eine Sünde, die nicht zum Tode ist. Der heilige Apostel unterscheidet also sowohl nach dem lateinischen als griechischen Text zwischen Todsünden und leichteren, sogenannten lässlichen Sünden.
(21) Die Sünde (Vers 17) führt den Apostel wieder auf den schon oben (3, 9) geäußerten Gedanken, dass sich mit der Wiedergeburt Sündigen nicht vertrage, und dass deshalb der Christ nicht sündigen solle, wenigstens von allen schweren Sünden frei sein müsse. Im Griech.: sondern durch die Geburt aus Gott bewahrt er sich, und etc.
(22) dem Satan unterworfen, voll der Laster und Lüste.
(23) Dieser, Christus ist der wahre Gott, der das ewige Leben gibt.
(24) Vor jedem falschen Gott, vor jedem Götzen. Bemerke: Götzendienst ist immer da, wo man etwas mehr als Gott oder wider Gottes Willen liebt. –
aus: Joseph Franz Allioli, Die Heilige Schrift des alten und neuen Testamentes. Aus der Vulgata, 6. Bd. 1838, S. 419– S. 422