Der Römerbrief des heiligen Apostels Paulus 11. Kapitel Vers 1-36

Die Wiederbegnadigung Israels am Ende der Zeiten

Doch das eigentliche Volk der Juden, von dem Gott vorher gesehen, dass es an Christus glauben werde, hat er nicht verworfen. Es verhält sich damit wie mit den Getreuen zur Zeit Elias. Wie diese werden auch sie durch Gottes freie Gnade gerettet, während er die Übrigen, die nicht glauben wollen, ihrer Verblendung überläßt. Diese Verstockung des größeren Teiles der Juden hat das Heilsame, dass dadurch die Heiden gewonnen werden, die aber deshalb sich nicht übermütig gegen die Juden betragen dürfen, sondern bedenken sollen, dass die Juden ihre Grundlage sind. Diese sind wegen ihres Unglaubens ihrer Vorzüge verlustig geworden; aber auch die Heiden können nur durch Verharren in der gläubigen Gesinnung und Handlungsweise im sicheren Besitz bleiben, und ebenso kann Gott den Juden wieder zu der ihnen ursprünglich angehörigen Gnade verhelfen. Dies wird auch wirklich mit der Zeit geschehen, wenn die Heiden in die Kirche eingegangen sein werden. Bis dahin bleiben die Juden im Ungehorsam, wie es vor ihnen mit den Heiden der Fall war. Unergründliche Weisheit und Liebe Gottes, mit welcher die ganze Heilsanstalt eingerichtet ist!

1. Ich frage nun: Hat denn Gott sein Volk verworfen? (1) Das sei ferne! Denn auch ich bin ein Israelit, vom Samen Abrahams, vom Stamme Benjamin.
2. Gott hat sein Volk nicht verworfen, das er vorher gesehen hat. (2) Oder wisset ihr nicht, was die Schrift im (Abschnitt des) Elias sagt, wie er vor Gott wider Israel klagt? (3)
3. Herr, deine Propheten haben sie getötet, deine Altäre zerstört; und ich allein bin übrig geblieben, und sie streben nach meinem Leben. 3. Kön. 19, 10.
4. Aber was sagte ihm die göttliche Antwort? Ich habe mir übrig gelassen sieben tausend Mann (4), die ihre Knie nicht vor dem Baal (5) gebeugt haben. (6)
5. So ist also auch in der jetzigen Zeit der Überrest nach der Wahl der Gnade gerettet worden. (7)
6. Ist es aber Gnade, so geschah es nicht für Werke; denn sonst wäre Gnade nicht mehr Gnade. (8)
7. Wie (ists) also? Was Israel gesucht, das hat es nicht erlangt; die Auserwählten aber haben es erlangt, die Übrigen sind verblendet worden. (9)
8. wie geschrieben steht: Gott gab ihnen den Geist der Zerrüttung (10), Augen, womit sie nicht sehen, und Ohren, womit sie nicht hören bis aus den heutigen Tag. (11)
9. Und David spricht: Ihr Tisch werde ihnen zum Fallstrick, zum Fang, zum Anstoß und zur Vergeltung. (12)
10. Ihre Augen sollen finster werden, dass sie nicht sehen, und ihren Rücken krümme immer. (13)
11. Ich frage nun: Haben sie etwa also angestoßen, um zu fallen? Das sei ferne! Sondern durch ihre Sünde (14) ist den Heiden das Heil geworden, damit sie angereizt werden, diesen nachzueifern. (15)
12. Wenn aber schon ihre Sünde der Welt Reichtum ist, und ihre Minderung der Heiden Reichtum: wie vielmehr ihre Fülle? (16)
13. Denn euch Heiden sage ich (17): So lange ich Heiden-Apostel bin, will ich meinem Amt Ehre machen:
14. ob ich nicht auf irgend eine Weise die, mit denen ich dem Fleisch nach verwandt bin (18), zur Nacheiferung reizen, und Einige von ihnen selig machen könne.
15. Denn wenn ihr Verlust (19) die Versöhnung der Welt ist (20), was wird ihre Aufnahme anders sein, als Aufleben von den toten? (21)
16. Sind die Erstlinge heilig, so ist es auch die Masse: und ist die Wurzel heilig, so sind es auch die Zweige. (22)
17. Wenn einige Zweige abgebrochen sind, und du als wilder Ölbaum auf sie eingepfropft und der Wurzel und der Fettigkeit des edeln Ölbaumes teilhaftig geworden bist;
18. so erhebe dich nicht über die Zweige; erhebst du dich aber, (so wisse:) nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel dich. (23)
19. Du wirst nun sagen: Die Zweige wurden abgebrochen, damit ich eingepfropft würde. Apstg. 13, 46.
20. Gut! Wegen des Unglaubens sind sie abgebrochen worden; du aber steht durch den Glauben (24); sei nicht hoffärtig, sondern fürchte dich!
21. Wenn Gott der natürlichen Zweige nicht schonte, so möchte er etwa auch deiner nicht schonen. 2. Petr. 2, 4 u. 5.
22. Sieh also die Güte und Strenge Gottes: die Strenge gegen die Gefallenen, die Güte Gottes gegen dich, wenn du im Guten verharrst (25); sonst wirst auch du ausgehauen werden. Joh. 15, 2.
23. Und jene dagegen, wenn sie nicht im Unglauben verharren, werden eingepfropft werden; denn Gott ist mächtig genug, sie wieder einzupfropfen.
24. Denn wenn du aus dem wilden Ölbaum, dem du der Natur nach angehörst, ausgehauen (26), und gegen die Natur in den edlen Ölbaum eingepfropft wurdest: wie vielmehr werden die, welche der Natur nach ihm angehören, in ihren Ölbaum eingepfropft werden?
25. Denn ich will euch, Brüder, über dieses Geheimnis nicht in Unwissenheit lassen (27), (damit ihr nicht euch selbst erhebt) (28), dass die Blindheit (29) eines Teiles von Israel dauert, bis die Fülle der Heiden eingegangen ist. (30)
26. Und so wird ganz Israel gerettet werden, wie geschrieben steht: Aus Sion wird der Retter kommen, der da wegnimmt und abwendet die Bosheit von Jakob. (31)
27. Und dies ist mein Bund mit ihnen, wenn ich ihre Sünden werde weg genommen habe. (32)
28. Sie sind zwar in Hinsicht des Evangeliums Feinde um euretwillen: aber in Hinsicht der Auserwählung sind sie Lieblinge um der Väter willen. (33)
29. Denn Gottes Gaben und Berufung gereuen (ihn) nicht. (34)
30. Denn gleichwie auch ihr einst Gott nicht glaubtet (35), jetzt aber um ihres Unglaubens willen Barmherzigkeit erlangt habt:
31. so glaubten auch sie jetzt nicht zu eurer Barmherzigkeit (36), damit auch sie Barmherzigkeit erlangen. (37)
32. Denn Gott hat Alles unter dem Unglauben verschlossen, damit er sich Aller erbarme. (38)
33. O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und wie unerforschlich seine Wege! (39)
34. Denn wer hat den Sinn des Herrn erkannt! Oder wer ist sein Ratgeber gewesen? Weish. 9, 13; Isa. 40, 13; 1. Kor. 2, 16.
35. Oder wer hat ihm zuerst etwas gegeben, dass es ihm wieder vergolten werde? (40)
36. Denn von ihm und durch ihn und in ihm (41) ist Alles. (42) Ihm sei Ehre in Ewigkeit. Amen!

Anmerkungen:

(1) Versteh: Ganz und gar.
(2) Gott hat sein Volk nicht verworfen, insofern er nämlich vorher gesehen hat, dass gleich Anfangs ein Teil desselben und am Ende der Zeiten (Vers 25 u. 26) die ganze Masse des Volkes aus freiem Antrieb die Gnade des Glaubens annehmen, und so sein Volk sein werde. Doch hat der Apostel hier, wie aus dem Folgenden erhellt, zunächst die Wenigen im Auge, welche gleich Anfangs an Christum glaubten.
(3) Der Abschnitt des Elias ist jener Teil in den Büchern der Könige, der von diesem Propheten handelt. Damals, als der heilige Paulus schrieb, war die Schrift noch nicht in Kapitel und Verse eingeteilt, und man zitierte also auch nicht darnach, sondern nach den Personen oder Sachen, die irgendwo erwähnt werden. Der Abschnitt, der hier gemeint ist, findet sich 3. Kön. 19, 10.
(4) d. i. eine große Menge.
(5) Einer Gottheit der Phönizier, die Sonne sinnbildend.
(6) Wenn auch gleich der größte Teil meines Volkes von mir abgefallen ist, so sind doch Viele noch mir treu geblieben.
(7) d. i. aus Gottes freier Gnade und mit Zustimmung des freien Willens der Geretteten. Sieh über die Gnadenwahl Gottes in ihrer Verbindung mit der menschlichen Freiheit Kap. 8, 28; 9, 11ff.
(8) d. i. Ich sage, nach der Wahl der Gnade, weil die Rechtfertigung ohne alles vorher gehende verdienst aus reiner Gnade, aus ganz unverdienter Güte Gottes erteilt wird. Unter den Werken versteht der Apostel alle guten Handlungen, welche der Rechtfertigung vorgehen, selbst die, welche unmittelbar dazu vorbereiten, Glaube, Buße, Hoffnung, Liebe; diese sind zwar notwendig, weil Gott für den Menschen nichts ohne den Menschen hierin tut, aber sie geben kein Recht auf die zu erlangende Gnade. So wenn du einem Armen Almosen gibst, und er seine Hand darnach ausstreckt, so ist dieses Ausstrecken wohl notwendig zum Empfangen der Gabe, aber es begründet kein Recht auf die Gabe, ist verdienstlos. Unterscheide auch die Werke, welche der Rechtfertigung vorgehen, von denen, welche nachfolgen. Diese sind nicht bloß notwendig, sondern auch verdienstlich, weil sie in dem wiedergeborenen, Gott wohlgefälligen Zustand vollbracht werden.
(9) Demnach hat Israel als ganzes Volk die Gerechtigkeit, die es durch seine Werke erlangen wollte, nicht erlangt; nur ein teil desselben, welcher glaubte, war auserwählt, die Übrigen wurden ihrer Verblendung überlassen.
(10) Im Griech.: die Schlafsucht, d. i. überließ sie einem Gemütszustand, wo man sich verhält wie ein Schlaftrunkener.
(11) Die Stelle ist zusammen gesetzt aus Isa. 29, 10 und 5. Mos. 29, 3 u. 4. Vgl. Matth. 13, 14; Joh. 12, 40; Apostg. 28, 26
(12) Ihre Mahlzeit sei ihr Untergang, d. i. ihr Los soll Verderben sein.
(13) Zum Last tragen, und dass ihr Blick sich nur auf Irdisches richte. Die Worte stehen Ps. 68, 23 u. 24. Sie enthalten keine Wünsche der Rachebegierde, sondern eine Weeissagung der Strafgerichte, welche über die Juden, die ihren Messias nicht erkannten, ja mordeten, ergehen werden. Sie sind darum nicht gegen die Liebe; denn da die Juden die Gnade der Heimsuchung nicht erkannt haben, trifft sie notwendig, wie alle beharrlichen Sünder, die Strafe der göttlichen Gerechtigkeit.
(14) Im Griech.: ihr Fall.
(15) Ist der Unglaube der Juden von der Folge, dass er den bleibenden Untergang des Volkes für immer nach sich zieht? Keineswegs! Sondern Gott ließ ihre Sünde zu, dass sie eine Veranlassung zur aufnahme der Heiden würde, nicht dass das ganze Volk für immer verworfen wäre. Vielmehr sollen die Juden durch die Gnaden, welche sie an den Heiden erblicken werden, angeeifert werden, und zuletzt selbst in Masse in die Kirche eingehen (Vers 25 u. 26; Chrys., Theod., Ambr.)
(16) Der Apostel knüpft eine noch wichtigere Hoffnung an, nämlich, dass die endliche volle Aufnahme und Begnadigung der Juden, welche zu erwarten stehe, noch heilsamer für die Welt sein werde. Wenn schon die Minderung der Juden, vermöge welcher nur ein kleiner Teil derselben in die Kirche einging, das Heil der Heiden wurde, was haben diese erst von der völligen Aufnahme des ganzen Volkes und seiner vollen Begnadigung zu erwarten? Im Griech: ihr Fall der Welt etc.
(17) Die Verse 13 u. 14 u. 15 knüpfen sich an den Gedanken Vers 11 an, dass durch die Begnadigung der Heiden die Juden angereizt werden sollen, sich auch das Heil zu erwerben, und es ist, als ob der Apostel sagte: Denn, was jene Aneiferung betrifft, sag ich euch Heiden: Eben weil die Juden durch die Heiden zum Eintritt in die Kirche angeeifert werden sollen, zeige ich mich so tätig unter euch (13), damit ich einige meiner Volksverwandten durch die an euch sichtbar werdenden Gnaden aneifern und selig machen kann (14), was von der größten Wichtigkeit ist, weil die völlige Bekehrung der Juden die völlige Bekehrung der Welt wird (15).
(18) die Juden.
(19) Im Griech.: ihre Verwerfung.
(20) Wenn ihr Verlust für die Kirche den gewinn der Heidenwelt nach sich zog (Vers 11).
(21) was kann ihr völliger Eintritt anders zur Folge haben, als die Auferstehung der Toten (Chrys., Theodor.;,Anselmus) Der Apostel lehrt hiermit, dass aufdie allgemeine Bekehrung der Juden das Ende der Welt und die Auferstehung erfolge.
(22) Die Behauptung, dass die Heiden den Juden vorgezogen werden, und jene überdies dazu dienen, diese zum Eintritt in die Kirche anzueifern, hätte die Heiden zum Stolz und zur Anmaßung veranlassen können: um diesem vorzubeugen, und sie zur Demut zu stimmen, weist der Apostel auf die Heiligkeit hin, die den jüdischen Stammvätern zu Teil ward, und darum auch den übrigen Juden zu Teil werden kann (Vers 16): dann macht er darauf aufmerksam, dass die Heiden eben so verworfen werden können, wenn sie nicht glauben, um so mehr, da sie keine natürliche, sondern nur eingepfropfte Zweige sind (Vers 17 bis 24). Der Sinn des obigen Verses ist demnach: Wie der ganz Fruchthaufe oder die ganze Teigmasse Gott gewidmet werden kann, wenn Einiges davon als Erstling Gott geweiht werden konnte (4. Mos. 15, 17 bis 21), und wie die Zweige als heilig geachtet werden können, wenn einmal die Wurzel als heilig erachtet wurde: eben so muss in allen Juden die Möglichkeit anerkannt werden, dass sie ihren Vätern, den Patriarchen und Propheten, im Glaubensleben nachfolgen, und sie müssen insofern als heilig angesehen werden, wie diese (Chrys.). Darum dürft ihr Heiden euch nicht erheben, wenn einige Juden jetzt nicht in die Kirche eingegangen sind; sie können nachfolgen.
(23) Sinn der Verse 17 und 18. Wenn einige Juden abgefallen sind, und ihr Heiden, da ihr doch nicht zum auserwählten Volk gehört, in das Heil, das von den Juden kommt (Joh. 4, 22), aufgenommen wurdet und teilhaftig aller Gnaden desselben: so erhebt euch deshalb nicht über die Juden. Wenn euch aber doch die Versuchung hierzu kommt, so bedenkt, dass eure Grundlage die Juden sind, nämlich die erst aus den Juden gesammelte Gemeinde, welche gleich den Patriarchen und Propheten Christum anerkannt haben.
(24) Kannst also auch des Unglaubens wegen abgebrochen werden.
(25) Was oben (Vers 20) Glauben heißt, wird hier das Gute genannt, weil der Glaube in guten Werken lebendig sein muss, wenn er rechtfertigen und in der Gerechtigkeit erhalten soll.
(26) Wenn du aus dem Heidentum heraus genommen wurdest. Das Bild ist von Ästen genommen, die man abhaut, um sie in andere Bäume zu pfropfen.
(27) Bisher hatte der Apostel nur von der Möglichkeit gesprochen, dass einst alle Juden in die Kirche eingehen werden; nun spricht er es als künftige Tatsache aus.
(28) glaubend, nur ihr Heiden wäret die Auserwählten.
(29) Im Griech.: die Verstockung.
(30) Bis die von Gott bestimmte große Anzahl von Heiden in die Kirche eingegangen ist. Vgl. Luk. 21, 24; Joh. 10, 16 (Aug.).
(31) Dieser Text ist aus Isa. 59, 20 nach der alten griechischen Übersetzung.
(32) Dies (diese allgemeine Aufnahme) ist meine Verheißung an sie (die da eintritt), wenn ich ihre Sünden etc. Die Worte sind aus Isa. 59, 21 entlehnt, wo sie im Zusammenhang erklärt werden.
(33) Die Juden widerstreben zwar jetzt noch dem Evangelium, damit ihr Heiden gerettet werdet (ob. Vers 11), und insofern sind sie Feinde Gottes: aber da sie vermöge der den Patriarchen und Propheten gemachten Verheißungen auserwählt sind, Volk Gottes zu sein, sind sie in Hinsicht auf diese Auserwählung, die einst in volle Wirksamkeit treten wird, von Gott geliebt (Ambros., Origenes, Augustin).
(34) d. i. Denn Gottes Weissagungen in Bezug auf die Berufung Israels zum Christentum treffen sicher, Gottes Beschlüsse sind unveränderlich.
(35) Nicht gehorsam waret.
(36) S. Vers 11.
(37) damit sie selbst durch euer Beispiel angeeifert die Gnade, Christen zu werden, erlangen.
(38) Gott hat zugelassen, dass Alle, Juden und Heiden, in den Unglauben und Ungehorsam verfielen, um an Allen seine Gnade zu beweisen, und dass Jeder seine Rechtfertigung nicht seinem Verdienst, sondern nur dieser Gnade zuschriebe. Gott ließ die Sünde zu, wendete sie aber in seiner Allmacht zum Guten. Die Riesengröße dieser unerschöpflichen Wahrheit, vermöge welcher Gott ungeachtet seiner unendlichen Heiligkeit die Sünde zuließ, um seine allmächtige Barmherzigkeit an denen zu zeigen, die ihr gläubig entgegen kommen, reißt den Apostel zum begeisterten Ausdruck anbetender Verwunderung der unerforschlichen Ratschlüsse Gottes hin. Ein würdiger Schluss des herrlichen Ganzen!
(39) O unendliche Weisheit Gottes, die selbst das Böse zum Guten wenden kann! O unbegreifliche Gerichte Gottes, nach welchen die Heiden und Juden eine Zeitlang in Blindheit und Hartnäckigkeit gelassen wurden, um die Einen durch die Andern zum Heil zu führen (s. d. Vorhergeh.)! O unerforschliche Wege Gottes, welche Mittel ergreift er, um Alles zu retten, wer hätte je daran nur denken können?
(40) Wer hat vor seiner Rechtfertigung etwas getan, welches diese verdient hätte? Ist unsere Rechtfertigung schuldige Vergeltung für geschehene Werke, oder ist sie vielmehr ein freies Gnadengeschenk Gottes? Unterscheide hier wieder wohl den Glauben und die Werke vor von jenen nach der Rechtfertigung. Jene sind nur vorbereitend, nicht verdienstlich; diese sind auch verdienstlich, wenn sie mit Gottes Gnade gewirkt werden, indem dadurch noch weitere Rechtfertigung, Heiligung und die ewige Seligkeit erlangt wird.
(41) Richtiger nach dem Griechischen: für ihn.
(42) Denn er ist der unabhängige Herr seiner Geschöpfe: diese sind von ihm, sofern er sie erschaffen hat; durch ihn, insofern er sie erhält (Apostg. 17, 25 u. 28; Ob. 1, 20); für ihn, sofern Alles zu seiner Verherrlichung da ist. –
aus: Joseph Franz Allioli, Die Heilige Schrift des alten und neuen Testamentes. Aus der Vulgata, 6. Bd. 1838, S. 58 – S. 63