Der Antichrist und die Zeit der Apostasie

Die Verfolgung der katholischen Kirche durch den Antichrist

Wovon ich zu sprechen habe, das ist die Verfolgung, die der Antichrist über die Kirche bringen wird. Wir haben bereits den Grund zu der Annahme gesehen (Bis die Stunde der Finsternis kommt), dass, gleichwie unser Herr sich in die Hände der Sünder überlieferte, als seine Zeit gekommen war, und Niemand Hand an ihn legen konnte, bis er sich freiwillig ihrer Macht übergab, es ebenso mit jener Kirche sein werde, von welcher er sagte: „Auf diesen Fels will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“ Wie die Bösen nichts über ihn vermochten, selbst als sie ihn mit Stricken banden und zum Gerichte schleppten, ihn als falschen König verspotteten, als falschen Propheten auf das Haupt schlugen, wegführten und kreuzigten, und vollkommene Gewalt über ihn zu haben schienen, so dass er fast vernichtet unter ihren Füßen auf dem Boden lag, und wie er gerade zu der Zeit, als er gestorben und begraben war, am dritten Tage siegreich wieder auferstand und in den Himmel auffuhr, um da gekrönt und verherrlicht und mit seiner königlichen Würde bekleidet, als König der Könige und Herr der Herren zu herrschen – ebenso wird es mit seiner Kirche sein. Wenn sie gleich eine Zeit lang verfolgt und in den Augen der Menschen mit Füßen getreten, entthront, beraubt und verspottet ist, so werden doch in diesem höchsten Triumphe des Bösen die Pforten der Hölle nicht die Oberhand behalten. Es ist der Kirche eine glorreiche Wiederauferstehung, eine königliche Herrschaft und ein herrlicher Lohn für alles vorbehalten, was sie erduldet hat. Wie Jesus muss sie auf dem Wege zu ihrer Krone leiden, aber gekrönt wird sie mit ihm sein ewiglich. Niemand nehme also ein Ärgernis daran, wenn die Prophezeiung von künftigen Leiden spricht. Wir bilden uns so gerne herrliche Triumphe ein für die Kirche auf Erden – das Evangelium werde allen Völkern gepredigt und die Welt belehrt werden, und alle ihre Feinde werden endlich zu ihren Füßen liegen, und ich weiß nicht was, so daß manche Ohren gar nichts davon hören wollen, daß der Kirche eine Zeit schrecklicher Trübsal aufbewahrt sein soll. Damit machen wir es wie vor Alters die Juden, die einen Eroberer, einen König und zeitliche Wohlfahrt erwarteten, und als ihr Messias in Demut und Niedrigkeit kam, erkannten sie ihn nicht. Ebenso berauschen viele unter uns ihren Geist mit den Visionen von Siegen und Triumphen und können den Gedanken nicht ertragen, dass für die Kirche noch eine Zeit der Verfolgung kommen soll. Lasset uns daher die Worte des Propheten Daniel vernehmen. Indem er von der Person spricht, die der heilige Johannes den Antichrist nennt, die aber er den König heißt, der nach seinem eigenen Willen handeln wird, sagt er: „Er wird Reden gegen den Allerhöchsten ausstoßen und die Heiligen des Allerhöchsten aufreiben.“ (Kap. 7, 25) Ferner sagt er: „Das Horn erhob sich bis zur Heeresmacht des Himmels, und warf herab etliche vom Heere, von den Sternen, und zerbrach sie. Und es erhob sich bis zu dem Fürsten der Heeresmacht und nahm ihm das tägliche Opfer und verwüstete den Ort seines Heiligtums.“ (Kap. 8, 10, 11) Ferner sagt er: „Schlachtopfer und Speiseopfer wird aufhören, und im Tempel wird der Gräuel der Verwüstung sein.“ (Kap. 9, 27) Diese drei Stellen sind dem siebenten, dem achten und neunten Kapitel Daniels entnommen. Ich könnte noch mehrere hinzufügen, aber sie reichen aus; denn in dem Buch der Offenbarung finden wir einen Schlüssel zu diesen Worten. Der heilige Johannes, welcher sich augenscheinlich auf das Buch Daniels bezieht, schreibt von dem Tier, d. h. von der verfolgenden Macht, die gewaltig auf Erden herrschen soll: „Es wurde ihm gegeben, Krieg zu führen mit den Heiligen und sie zu überwinden.“ Hier haben wir nun vier verschiedene Weissagungen von einer Verfolgung, die von dieser antichristlichen Macht über die Kirche verhängt werden wird. (Der Antichrist oder Die gegenwärtige Krise)-
aus: Heinrich Eduard Manning, Kardinal, Der Antichrist oder die gegenwärtige Krise des heiligen Stuhls, im Lichte der Weissagung betrachtet, 1861, S. 74 – S. 76

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