Anna Katharina sitzt, an zwei dicken Kissen angelehnt, im Bett, der Kopf ist verbunden, sie hält und betrachtet ein Kruzifix, das sie in der Hand hält

Die Visionen der Anna Katharina Emmerich

Drohendes Unheil kommt über Rom

Am Abend des 1. Oktober 1820 fand sie der Pilger tropfnaß von Schweiß, da sie ohne Aufhören in mühseligster Gebetsarbeit begriffen war. Sie wiederholte, daß ihr vom hl. Michael nebst andern Arbeiten für die Kirche durch sieben Tage Almosen befohlen seien, welche sie an sieben Tagen vollziehen solle. Die Kinder seien ihr alle gezeigt worden, und sie wisse auch unter allen ihren Sachen, was sie jedem geben solle.

„Die Kirche“, jammerte sie, „ist in großer Gefahr, ich muss auf Befehl jeden, der zu mir kommt um ein Vaterunser in dieser Intention bitten. Man muss flehen, dass der Papst Rom nicht verlässt, es entstände ungeheurer Schaden dadurch. Man muss flehen, daß er den heiligen Geist erhält. Man will ihm jetzt etwas zumuten. Die protestantische Lehre und die griechische sollen überall sich ausbreiten. Zwei Menschen leben noch, welche die Kirche ruinieren wollen. Einer geht ihnen jetzt besonders ab, den sie mit seiner Schreiberei gebraucht hatten; er ist vor einem Jahr von einem jungen Menschen ermordet worden. Der eine dieser Männer hat damals Deutschland verlassen… Sie haben ihre Arbeit überall, besonders der kleine schwarze Mann in Rom, den ich so oft erblicke, hat viele, die für ihn arbeiten müssen, ohne den eigentlichen Zweck zu kennen. An der neuen schwarzen Afterkirche hat er auch seine Leute. Würde der Papst Rom verlassen, so bekämen diese Kirchenfeinde die Oberhand. Ich sehe bei dem kleinen Schwarzen vieles unterschlagen und fälschen. Ich sehe ein solches Untergraben und ersticken der Religion an diesem Orte [Rom], dass kaum Hundert Priester unverführt bleiben. Ich kann nicht sagen, wie das ist, aber ich sehe immer mehr Nebel und Finsternis ausziehen. Doch drei kriegen sie nicht herunter: Die Peterskirche, Maria Major und St. Michael. Sie brechen immer daran, aber sie bringen es nicht fertig. Ich helfe nicht. Keinen Stein tue ich aus dem Wege, ich soll mich wohl wahren. Sie müssen alles so schnell wieder aufbauen, sie brechen alle daran ab, die Geistlichen selber. Es kommt eine große Verwüstung. Die zwei Kirchenfeinde, welche den dritten Mann verloren, haben wohl die Absicht, fromme Gelehrte, die ihnen hinderlich, aus dem Weg zu räumen.“

7. Oktober 1820

„… Ich war noch an vielen Orten, wo ich unzählige Blumen sah, lauter Schmerzen der Märtyrer, welche ich für die Kirche in der jetzigen Not in Anspruch nahm. Als ich mit Franziska und dem Heiligen durch Rom ging, sahen wir einen großen Papst von oben bis unter in Flammen stehen (Vatikan). Ich war sehr bang, die Einwohner möchten verbrennen, es löschte Niemand; als wir aber nahten, hörte die Flamme auf und das Haus war schwarz und brandig. Wir gingen durch viele prächtige Säle und kamen zu dem Papst. Er saß im Dunkel und schlief in einem großen Stuhl; er war sehr krank und ohnmächtig, er konnte nicht mehr gehen. Vor der Türe gingen etliche Leute auf und ab. Die Geistlichen, welche zunächst um ihn wohnten, gefielen mir nicht gut, sie schienen falsch und lau. Die frommen, einfältigen, die ich manchmal bei ihm sehe, waren in einem entfernteren Teil des Hauses. Ich sprach lange mit ihm und ich kann nicht sagen, wie sehr wirklich anwesend ich mir schien; denn ich war unbeschreiblich schwach, und die bei mir waren, mussten mich immer unterstützen. Ich sagte ihm von den Bischöfen, die jetzt eingesetzt werden sollen. Ich sprach auch noch mit dem Papst, daß er Rom nicht verlassen dürfe, es werde Alles dann in Verwirrung geraten. Er aber meinte, die Gefahr sei doch nicht zu vermeiden und er müsse weggehen, um sich und Vieles zu retten. Er war sehr geneigt und beredet, Rom zu verlassen. Franziska sprach noch viel länger mit ihm. Ich war ganz ohnmächtig und schwach, meine Begleiter unterstützten mich. Ehe ich ging, gab mir der Papst ein Tellerchen Erdbeeren mit Zucker. Ich wollte sie nicht essen, ich wollte sie, da wir gingen, einem Kranken zur Erquickung bringen.“ (Sie sagte später in der Ekstase: Diese Erdbeeren haben keine besonders gut Bedeutung, sie zeigen an, daß der Papst noch durch viele Rücksichten mit der Erde zusammen hängt. *)

„Ich sah Rom so elend, daß der kleinste Funke alles entzünden könnte. Sizilien sah ich ganz finster und gräulich und daß noch alle Leute fliehen, die können.“
Einmal wehklagte sie mit lauter Stimme in der Ekstase: „Ich sehe die Kirche ganz einsam, wie ganz verlassen. Es ist, als fliehen sie alle. Alles um sie her ist im Streit. Überall sehe ich große Not und Haß, Verrat und Erbitterung, Unruhe, Hilflosigkeit und völlige Blindheit. Von einer dunklen Mitte aus sehe ich Boten senden, da und dort etwas zu verkünden, das schwarz aus ihrem Mund geht und bitter auf die Brust der Hörer fällt und Haß und Grimm entzündet. Ich bete eifrig für die Bedrängten. Über Orte, wo Einzelne beten, sehe ich Licht nieder fallen, über andere schwarze Finsternis kommen. Der Zustand ist schrecklich. Ich habe so gefleht. Gott muss sich erbarmen. O Stadt! O Stadt!“ (Rom) was droht dir! Der Sturm ist nahe. Nimm dich in Acht! Aber ich hoffe, du wirst fest bleiben. (siehe dazu auch den Beitrag: Das Pontifikat von Papst Pius IX.)

*) Der Pilger setzte mit Unrecht seiner Aufzeichnung bei: „Diese Erklärung ist schwach“, denn die mit Zucker bestreuten Erdbeeren bedeuten, daß ein Teil ihrer so peinvollen Bemühungen erfolglos geblieben. Der Papst gibt ihr die Mühen mit Zucker, d. i. dankend, anerkennend zurück, weil er die irdischen, weltlichen Gewalthaber durch Nachgiebigkeit zu gewinnen glaubt. –
aus: K. E. Schmöger CSsR, Das Leben der gottseligen Anna Katharina Emmerich, Zweiter Band, 1873, S. 277; S. 280 – S. 281