Die Visionen der Anna Katharina Emmerich
Der permanente Vernichtungskampf der geheimen Sekte
Vom Anfang August bis Ende Oktober 1820
war Anna Katharina in zusammenhängenden Gebetsarbeiten für den hl. Vater, welche durch ein umfassendes Gesicht eingeleitet wurden. Der Zustand der ganzen Kirche wurde ihr, wie immer in solchen Gesichten, im Bild der Peterskirche gezeigt, und die in ununterbrochenem Vernichtungskampf gegen sie begriffene, über den ganzen Erdkreis verzweigte geheime Sekte als das Reich des Widerchrists. Die Sekte empfängt ihre Signatur von dem apokalyptischen Tier, das, aus dem Meer gestiegen, bei ihr weilt und sie zum Kampf gegen die Herde Christi antreibt. Der Pilger bemerkte bei Aufzeichnung des Gesichtes: „Es ist gewiß voll Lücken, weil die Erzählende dasselbe in lauter Formen gesehen hat, die sie nur schwer beschreiben kann. Wunderbar ist, daß dieses Gesicht mehrere Formen der Offenbarung Johannis hat, welche sie gar nicht kennt, wie überhaupt sehr Weniges aus der Schrift und aus Büchern. Scheint sie auch manchmal in einem Buch zu lesen, so ist sie doch also gleich im Schauen und sieht ganz andere dinge. Als sie mit der Erzählung des Gesichtes begann, sagte sie:
„Ich sehe neue Märtyrer, nicht von jetzt, sondern in der Zukunft; aber ich sehe sie schon drängen. Ich sah, fuhr sie weiter, die Leute von der geheimen Sekte immerfort an der großen Kirche herunter brechen und sah ein abscheuliches Tier, aus dem Meere gestiegen, bei ihnen. Es hatte einen Schweif wie ein Fisch und Bratzen wie ein Löwe, und viele Köpfe, die um einen großen Kopf so kraus wie eine Krone standen. Sein Maul war groß und und rot. Es war befleckt wie ein Tiger und war ganz vertraut mit den Abrechenden. Es lag oft mitten unter ihnen, während sie arbeiteten; auch gingen sie zu ihm in die Höhle, in welche es sich manchmal verbarg. Während dessen sah ich hie und da durch die ganze Welt viele gute, fromme Leute und besonders Geistliche gequält, eingekerkert und gedrückt werden, und hatte die Empfindung, sie würden einstens neue Märtyrer werden. Als die Kirche schon weit herab gerissen war, so daß nur der Chor mit dem Altar noch stand, sah ich diese Abbrecher mit dem Tier in die Kirche dringen, und hier fanden sie ein großes, herrliches Weib. Es war, als sei es hohen Leibes, denn es ging nur langsam; die Feinde erschraken sehr darüber, und das Tier konnte keinen Schritt weiter. Es streckte seinen Hals ganz grimmig nach dem Weibe aus, als wollte es dasselbe verschlingen. Das Weib aber wendete sich und fiel nieder auf sein Antlitz. Ich sah nun das Tier wieder gegen das Meer fliehen, und die Feinde liefen verwirrt durcheinander; denn ich sah nun rings um die Kirche aus der Ferne große Kreise sich heran nahen auf der Erde und auch oben im Himmel. Der erste bestand aus Jünglingen und Jungfrauen, der zweite aus Eheleuten jeden Standes, Königen und Königinnen, der dritte aus Ordensleuten, der vierte aus Kriegsleuten. Vor diesen sah ich Einen auf einem weißen Pferd. Und der letzte Kreis bestand aus Bürgern und Bauern, unter denen viele mit einem roten Kreuz an der Stirne gezeichnet waren. Während sie nahten, wurden Gefangene und Bedrängte befreit und zogen mit ihnen; aber alle die Abbrechenden und Verschworenen wurden von allen Orten vor ihnen zusammen getrieben und waren, ohne zu wissen wie, auf einem Haufen nun beisammen und ganz verwirrt und voll Nebel. Sie wußten weder was sie getan, noch was sie tun sollten und rannten mit den Köpfen gegen einander, wie ich sie oft tun sehe. Als sie alle auf einem Haufen waren, sah ich sie ihre Arbeit aufgeben am Kirchenabbruch und sich in die Kreise verlieren. Ich sah aber nun die Kirche schnell wieder aufgebaut und in schönerem Glanz als je; denn es reichten sich die Leute aus allen Kreisen von einem Ende der Welt bis zum anderen Steine zu. Als die Kreise unten sich näherten, trat der innere zurück hinter die andern. Es war, als stellten sie verschiedene Arbeiten des Gebetes vor, und der Soldatenkreis die des Kriegs. Es schienen mir in diesem Kreis Feind und Freund aller Völker. Es waren lauter Kriegsleute unserer Art und Farbe. Der Kreis war aber nicht geschlossen, sondern hatte gegen Mitternacht eine breite, dunkle Lücke, wie ein Loch, einen Absturz. Es ging so ins Dunkel abwärts, wie im Paradies, wo Adam hinaus eilte. Es war mir, als liege dahin ein finsteres Land. Ich sah auch einen Teil aus diesem Kreis zurück bleiben, er wollte nicht vorwärts und alle standen dicht und finster auf einander. Unter allen diesen Kreisen sah ichviele Menschen, welche für Jesus Märtyrer werden würden; denn es waren noch viele Böse darunter und es würde noch eine andere Scheidung kommen. –
Ich sah aber die Kirche ganz hergestellt und über ihr das Lamm Gottes auf einem Berg und einen Kreis von Jungfrauen mit Palmen darum, und ebenso die fünf Kreise von himmlischen Scharen, wie unter von irdischen; sie waren mit diesen zugleich heran gezogen und wirkten mit ihnen. Um das Lamm standen die vier apokalyptischen Tierbilder.“
An Lichtmess 1822 erzählte sie:
„Ich habe in diesen Tagen viele Wundersachen von der Kirche gesehen. Die Kirche Petri war schier ganz von der Sekte herunter gerissen; aber die Arbeiten der Sekte wurden auch herunter gerissen und alle ihre Sachen, Schürzen und Geräte wurden auf einem unehrlichen Platz vom Scharfrichter verbrannt. Es war lauter Pferdeleder, und das stank so, daß ich davon krank geworden bin. Ich habe in diesem Bild die Mutter Gottes so für die Kirche arbeiten sehen, daß ich noch eine viel größere Andacht zu ihr erhalten habe.“ –
aus: K. E. Schmöger CSsR, Das Leben der gottseligen Anna Katharina Emmerich, Zweiter Band, 1873, S. 269-271