Zeugnis der heiligen Schrift für die Unfehlbarkeit des Papstes

Der oberste Hirte kann nicht irren, wie auch Petrus nicht irrte

Den zweiten Ausspruch Christi zur Bestätigung des Gesagten, und insonderheit was das Ansehen der Nachfolger Petri in Dingen des Glaubens betrifft, lesen wir bei dem Evangelisten Lukas (22,32), wo der Heiland also an Petrus spricht:

„Simon, Simon! sieh, der Satan hat euch verlangt, um euch wie Weizen durchzusieben, ich aber habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht abnehme.“ „Ut von deficiat fides tua, et tu aliquando conversus confirma fratres tuos.“

Petrus konnte in seinem Glauben nicht irren

Petrus also konnte in seinem Glauben nicht irren, und seine Pflicht war es, als Oberhaupt der Kirche, den Worten Christi gemäß, seine Brüder im Glauben zu stärken: „Stärke deine Brüder!“ Daß aber dieses auch das Amt, die Pflicht seiner Nachfolger sei, ist aus dem oben angeführten Grund, und aus dem Zeugnis der hl. Väter einleuchtend, und um so notwendiger von Christus gewollt, je notwendiger diese Stärkung im Glauben der nachfolgenden Christenwelt wurde. Mit den Christen in den Tagen Petri lebten ja noch die übrigen Apostel, und die Glaubensstürme sollten im Laufe der Jahrhunderte weit heftiger wüten, als zu Zeiten der apostolischen Christen. –

Christus hat durch Petrus dem Papst die Irrtumslosigkeit übertragen

Was aber anders, als ein unfehlbares, letztes und höchstes Urteil, eine unfehlbare, letzte und höchste Entscheidung könnte uns, wenn wir im Glauben schwanken, kräftigen und festsetzen? Diese Macht des Endurteils in Glaubenssachen, hat also Christus Petro und durch ihn dem jeweiligen Oberhaupt der Kirche mitgeteilt, und alle dürfen, können und müssen mit Innozenz III. als Nachfolger Petri bekennen: „Wenn ich nicht im Glauben fest gegründet wäre, wie könnte ich andere im Glauben befestigen; daß aber dies zu meinem Amt eigentümlich gehöre, ist offenbar, indem der Herr bezeugt: „Ich habe“, spricht er, „für dich, Petrus, gebetet, daß dein Glaube nicht wanke.“

Bossuet in seinen Betrachtungen über das Evangelium vom Tage 72, bestätigt auch diese Schlussfolge: „Die Worte, „bestärke deine Brüder“, sagt er, sind nicht ein Gebot, welches den Petrus allein betrifft, sondern sie beziehen sich auf das Amt, welches Christus für immer in der Kirche eingesetzt hat… Immer musste Petrus, welcher seine Brüder im Glauben bestärken sollte, in der Kirche fortbestehen. „Semper in Ecclesia Petrus debuit existere, qui fratres confirmaret.“ Dies war das tauglichste Mittel, die Einigkeit der Glaubenssätze zu begründen, welche unser Erlöser vor allem wünschte; und diese Autorität war um so nötiger bei den Nachfolgern der Apostel, da dieselben nicht die Glaubensstärke der Apostel selbst besitzen.“ –

Selbst in seiner Defensio lesen wir folgende Stelle: „Dieses Amt hat also Petrus, dieses Amt haben die Nachfolger des hl. Petrus in Petrus erhalten, daß es ihnen obliegt, ihre Brüder zu bestärken.“ „Hoc ergo ex officio Petrus habet, hoc Petri successores in Petro acceperunt, ut fratres confirmare jubeantur.“

Auch in seiner Betrachtung Tag 70 schreibt er: „Für Petrus hat Christus besonders gefleht, nicht weil er sich um die übrigen Apostel weniger bekümmert, sondern, wie es die hl. Väter erklären, weil er durch die dem Oberhaupt mitgeteilte Festigkeit das Wanken der übrigen Glieder hindern wollte, „sed, ut explicant SS. PP., quia firmato capite impedire voluit, ne membra nutarent.“

Papst und Kirche sind eins und dasselbe

Wir setzen hier noch die ebenso schöne als kräftige Äußerung des ebenso liebenswürdigen als gelehrten Franz von Sales bei.

„Die Kirche hat immer eines unfehlbaren Befestigers nötig, an dem man sich, als an einem Fundament, halten könne, welches die Pforten der Hölle und besonders der Irrtum nicht zu überwältigen im Stande seien, und daß ihr Hirt nicht ihre Kinder in Irrtum führen könne. –

Die Nachfolger Petri haben alle diese Privilegien, die nicht die Person, sondern die Würde und das öffentliche Amt begleiten.“ – An einer andern Stelle, wo er den Papst im neuen Testament mit dem Hohenpriester des alten Testaments vergleicht, sagt er: „Unser Hohepriester hat auch auf seiner Brust das Urim und Thumim, d. h. die Lehre und die Wahrheit. Gewiss alles was der Magd Agar zugestanden worden, musste wohl um so mehr der Gemahlin Sara zugestanden werden.“ (Maistre du Pape I. 1)

Der Papst und die Kirche ist demnach nach dem hl. Franz von Sales eins und dasselbe, denn sie steht und fällt mit ihm. (Epitres spirit. Lyon liv. VII. op. 49)

Vom Hirten verlange ich die Beschützung der Schafe

Was der Herr in diesen zwei Stellen versichert und verheißt, gab er dem Jünger wirklich nach seiner Auferstehung, wo er denselben zum obersten Hirten und Statthalter an seiner Statt in Gegenwart der Apostel erklärt, mit den Worten: „Weide meine Lämmer, weide meine Schafe.“ (Joh. 21, 15) Wohl musste Christus verhüten, daß der Glaube Petri je abnehme; denn wer könnte annehmen, daß Christus für seine Kirche einen Hirten bestimmt, der mit falschen Lehren seine Schäflein weiden könnte?!

„Vom Hirten, ruft der hl. Hieronymus, verlange ich die Beschützung des Schafes; entscheide, wenn es beliebt; auf dein Geheiß werde ich nicht fürchten drei Hypostasen zu nennen.“ Was, fragen wir, ist der Vernunft angemessener, als diese Erklärung und Beteuerung des hl. Vaters? Gewiss nicht den Schafen steht es zu, sondern dem Hirten, über die Beschaffenheit der Weide zu wachen; jenen aber, diesen zu hören und ihm zu folgen.

Ferners, bezeichnet das Hirtenamt in biblischer Sprache die leitende Gewalt. – Wo aber könnte diese in einem Reich je ohne höchste Vollmacht bestehen?! Darum wie Maistre so richtig bemerkt, bei Schlichtung von bürgerlichen Streitfragen in weltlichem Staat das oberste Gerichtstribunal, was es nun immer für eine Verwaltung sein mag, wenigstens faktisch als unfehlbar im Urteil selbst angenommen werden muss, wenn es auch nicht unfehlbar ist, weil sonst des Rechtens kein Ende wäre. Was hier zur Aufrechthaltung der Ordnung angenommen werden muss, das musste im Reich der Kirche, als Reich der Wahrheit, wirklich gegeben sein. Eine bloße Supposition (=Annahme), da wo es sich um Wahrheit selbst handelt, genügt nicht.

Der Papst ist der Hirte der Hirten

Es ist bei dieser Stelle noch überdies wohl zu bemerken, daß Christus Petro mit diesen Worten die Leitung aller seiner Schafe, der ganzen Herde ohne Ausnahme, übergab, nach der schönen und bekannten Äußerung des großen Eucherius, Bischof von Lyon, der in seiner Homilie in Vigilia S. Petri also sagt: „Zuerst hat ihm der Herr die Lämmer, dann die Schafe übergeben, – weil er ihn nicht nur zum Hirten, sondern zum Hirten der Hirten gesetzt“, – „sed et pastorem ipsum constituit pastorum.“

So wie also in Folge des ersten Textes niemand ein Glied der Kirche Christi sein kann, als der sich an den Glauben Petri fest anschließt; – in Folge des zweiten aber niemand unter die Schüler Christi gehören kann, als der durch die Glaubenskraft desselben Petrus und dessen Urteil gestärkt wird; – so kann in Kraft dieses dritten Zeugnisses: „Weide meine Schafe“, niemand meinen, daß er in dem Reich Christi sei, welches dem Petrus anvertraut worden ist, außer er werde durch denselben Glauben und dieselbe Lehre Petri regiert.

Das Wort und Urteil seiner Würdenträger ist also nach Christi Wort und Wille im Reich seiner Kirche in oberster und richtender Gewalt unfehlbar bindend und unausweichlich entscheidend. –
aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 37 – S. 42

siehe auch den Beitrag:

Petrus richtet in seinen Nachfolgern

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