Lehrschreiben der Päpste

Meinungen von Theologen zur Lehrautorität der Päpste – Teil 2

Franzelin ist der Ansicht, dass der Papst allen Katholiken befehlen kann, einem bestimmten Lehrsatz zuzustimmen (entweder direkt oder durch Verurteilung der widersprüchlichen Aussage), und zwar aus einem von zwei verschiedenen Gründen. Erstens kann der Heilige Vater beabsichtigen, diesen Satz unfehlbar als wahr oder als de fide zu definieren. Wieder kann er sich nur um die Sicherheit der katholischen Lehre kümmern.

Das Lehramt der Kirche wurde mit der Hilfe Gottes ausgestattet, durch die die erste Art der Lehre unfehlbare Wahrheit vermittelt, während die zweite unfehlbare Sicherheit bietet. Die lehrende Kirche nutzt die Fülle ihrer Macht und handelt als auctoritas infallibilitatis. Sie handelt, nicht um zu definieren, sondern nur um die Schritte zu unternehmen, die sie für notwendig hält, um den Glauben zu bewahren, es ist die auctoritas providentiae doctrinalis. Dieser auctoritas providentiae doctrinalis und den darin enthaltenen Lehren schulden die Gläubigen den Gehorsam des respektvollen Schweigens und einer inneren geistigen Zustimmung, nach der der so vorgelegte Lehrsatz akzeptiert wird, nicht als unfehlbar wahr, aber als sicher, wie es von jener Autorität garantiert wird, die von Gott beauftragt ist, sich um den christlichen Glauben zu kümmern. [41]

Die von Franzelin und Palmieri entwickelten Erklärungen sind angemessen und genau. Der erste gibt einen hervorragenden Überblick über jene Lehren, die der Heilige Stuhl als Lehrsätze präsentiert, die sicher gelehrt werden können. Palmieri seinerseits bietet eine schöne Darstellung des Zustandes von Aussagen, die von der zuständigen Autorität gelehrt, aber nicht als unfehlbar wahr dargestellt werden. Beide Erklärungen können gewinnbringend im Umgang mit einigen der Aussagen der verschiedenen römischen Kongregationen und mit einem Großteil der Lehren der Enzykliken eingesetzt werden. Es scheint jedoch ein schwerwiegender Fehler zu sein, sich vorzustellen, dass sie genau auf den gesamten in diesen päpstlichen Dokumenten dargelegten Lehrteil angewendet werden können. Es ist anzumerken, dass weder Franzelin noch Palmieri bei der Entwicklung ihrer eigenen Theorien eine derart explizite Anwendung gemacht haben.

Enzykliken Teil des unfehlbaren Lehramtes

Einige der einflussreichsten modernen Theologen lehren ausdrücklich, dass einige der Lehren in den päpstlichen Enzykliken als Teil der unfehlbaren Lehre der Kirche zu uns kommt. So vertreten Tanquerey [42] und De Guibert [43] die Auffassung, dass einige der in den päpstlichen Enzykliken enthaltenen Aussagen unfehlbar wahr sind, da sie vom Heiligen Vater in seinem unfehlbaren ordentlichen Lehramt vorgelegt werden. Die Kardinäle Billot [44] und Lepicier [45] lehren, dass viele der in den Enzykliken enthaltenen Aussagen als unfehlbar wahr anzusehen sind. Die Handbücher von Hervé [46] Yelle [47] Blanch [48] Herrmann [49] Scheeben [50] und Saiz Ruiz [51] zeigen, dass ihre Autoren davon überzeugt sind, dass die Enzykliken nicht einfach als nicht unfehlbare Dokumente abgetan werden können. Die Handbücher von Wilhelm-Scannell, [52] Michelitsch, [53] Van Noort, [54] Pesch, [55] und Calcagno [56] kommen auf andere Weise zu dem gleichen Ergebnis, indem sie ihre Leser warnen, dass nicht alle in den Enzykliken enthaltenen Lehren als unfehlbar anzusehen sind. Thurston lehrt auch, dass einige der in den Enzykliken enthaltenen Lehren als unfehlbar vorgelegt anzunehmen sind. [57] Brunsmann begnügt sich mit der Feststellung, dass die lehrmäßigen Enzykliken dem Gewissen aller Gläubigen eine Verpflichtung auferlegen. [58]

Anmerkungen:

41. Vgl. Franzelin, De divina traditione et scriptura, 3. Aufl. (Rom: Cong. De Propaganda Fide, 1882), S. 127 ff.
42. Vgl. Synopsis theologiae dogmaticae fundamentalis, 24. Auflage, erstellt von P. Bord (Paris: Desclée, 1937), S. 633 f.
43. Vgl. De Christi ecclesia, 2. Aufl. (Rom: Gregorianische Universität, 1928), S. 260 ff.
44. Vgl. Tractatus de ecclesia Christi theologiae de Verbo Incarnato, 5. Aufl. (Rom: Gregorianische Universität, 1927), p. 656.
45. Vgl. Tractatus de ecclesia Christi (Rom: Buona Stampa, 1935), p. 243.
46. ​​Vgl. Manuale theologiae dogmatiae18. Aufl. (Paris: Berche et Pagis, 1934), I, 563.
47. Vgl. De ecclesia et de locis theologicis (Montreal: Großes Seminar, 1945), p. 35.
48. Vgl. Theologia generalis seu tractatus de sacrae theologiae principiis (Barcelona: Typographia de Montserrat, 1901), p. 584.
49. Vgl. Institutiones theologiae dogmaticae , 7. Auflage, überarbeitet von den Vätern Stebler und Raus (Lyon und Paris: Vitte, 1937), I, 473 f.
50. Vgl. Handbuch der katholischen Dogmatik (Freiburg im Breisgau: Herder, 1873), I, 228 f.
51. Vgl. Sythesis sive notae theologiae fundamentalis ( Bourgos : Lib. Del Centro Católico, 1906), p. 443.
52. Vgl.Ein Handbuch der katholischen Theologie, 4. Aufl. (New York: Benzinger Brothers, 1909), I, 96 f.
53. Vgl. Elementa apologeticae sive theologiae fundamentalis, 3. Aufl. Graz und Wien: Steiermark, 1925), p. 400.
54. Vgl. Tractatus de ecclesia Christi, 5. Auflage von Dr. Verhaar (Hilversum, Holland: Brand, 1932), S. 202.
55. Vgl. Institutiones propaedeuticae ad sacram theologiam, 6. Aufl. Freiburg im Breisgau: Herder, 1924), p. 357.
56. Vgl. Theologia fundamentalis (Neapel: D’Auria, 1948), p. 270. Calcagno lehrt, dass die Enzykliken im Allgemeinen keine unfehlbare Lehre enthalten.
57. Vgl. der Artikel „Enzyklika“ in der katholischen Enzyklopädie V 413 f.
58. Vgl. Ein Handbuch der fundamentalen Theologie, das von Arthur Preuss (St. Louis: B. Herder Book Co., 1932), IV, 50, ins Englische adaptiert wurde. –
Von Pater Joseph Clifford Fenton
Auszug aus: American Ecclesiastical Review, Vol. CXXI, August 1949.

übersetzt aus dem englischen Original:
http://www.catholicapologetics.info/apologetics/protestantism/piutreatise.htm

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