Anna Katharina sitzt, an zwei dicken Kissen angelehnt, im Bett, der Kopf ist verbunden, sie hält und betrachtet ein Kruzifix, das sie in der Hand hält

Die Visionen der Anna Katharina Emmerich

Der Kampf mit dem Schild des Glaubens

Auf welche Weise nun Anna Katharina im Schauen die von ihrem himmlischen Bräutigam empfohlenen Tugenden übte, erhellt aus folgenden Mitteilungen. So oft ihr in Gesichten der Versucher nahte, kämpfte sie gegen ihn mit dem Schild des Glaubens.

„Ich litt – erzählte sie – solche Schmerzen an den Wunden, daß ich laut hätte schreien mögen; denn ich vermochte kaum, sie zu ertragen. Das Blut strömte stoßweise nach den Malen. Auf einmal trat der Satan wie ein Engel des Lichtes zu mir heran und sprach: „Soll ich dir die Wunden schnell durchbohren, dann ist morgen Alles wieder in Ordnung. Sie sollen dir gar nicht mehr so wehe tun; du sollst alle die Quälerei nicht mehr dabei haben!“ Ich erkannte ihn aber gleich und sagte: „Packe dich! Ich brauche nichts von dir! Du hast mir die Wunden nicht gemacht; ich will nichts von dir!“ Da wich er und drängte sich wie ein Hund hinter den Schrank. Nach einer Weile kam er wieder und sagte: „Du brauchst nicht zu denken, daß du mit Jesus so gut stehst, weil du immer mit ihm herum zu laufen glaubst. Das Alles ist von mir! Ich mache dir alle die Bilder; ich habe auch ein Reich!“ – Ich vertrieb ihn wieder mit meinen Antworten. – Es war ganz spät, da kam er nochmals und immer ganz deutlich und sagte: „Was plagst du dich herum und weißt nie Wie und Wann? Alles, was du hast und siehst, ist doch von mir. Es steht elend mit dir; ich kriege dich doch; was brauchst du dich so zu plagen?“ Da sagte ich ihm: „Weiche von mir! Ich will Jesu angehören; ich will Ihn lieben und dich verfluchen; ich will leiden und Schmerzen haben, wie Er will!“ Meine Angst aber war so groß, daß ich meinen Beichtvater rief; er segnete mich, da wich der Feind von mir. – Heute morgens aber, da ich den Glauben betete, trat er wieder plötzlich zu mir und sagte: „Was hilft dir das Glaubenbeten? Du verstehst kein Wort davon; ich will dir aber Alles ganz klar zeigen; da sollst du es sehen und wissen.“ Ich sprach: „Ich will es nicht wissen, ich will es glauben!“ Da sagte er noch eine Stelle aus der heiligen Schrift, sprach aber ein Wort nicht aus, und ich sagte immer: „Sprich das Wort aus, sage es ganz, so du kannst!“ Ich schauderte aber an Arm und Bein. Endlich wich er. …“ –
aus: K. E. Schmöger CSsR, Das Leben der gottseligen Anna Katharina Emmerich, Zweiter Band, 1873, S. 49 – S. 50