Die Apokalypse des hl. Johannes – Kap. 20, 11-15

Auferstehung der Toten und allgemeines Gericht

11. St. Johannes sieht nun unseren Herrn, der auf Seinem Thron sitzt, um die Lebenden und die Toten zu richten. Himmel und Erde, die vor Seinem Gesicht fliehen, drückt den Schrecken aus, der die Bösen ergreifen wird: „Die Menschen werden verschmachten, vor Furcht und Erwartung der Dinge, die über die ganze Welt kommen werden. Denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden.“ (1)
Unser Herr kommt mit Macht und Majestät, und die Zeichen, die dem vorangehen, wurden dem hl. Johannes nicht offenbart, wahrscheinlich weil sie von Christus selbst in den Evangelien ausreichend angekündigt worden waren. (2)

12. „Wo auch immer das Aas sein wird, da sammeln sich auch die Adler.“ (3) In ähnlicher Weise stehen beim Kommen Christi die Toten auf und kommen zum Gericht. Die Bücher sind jetzt geöffnet und alle werden nach ihren Werken, die entweder im Buch des Lebens oder in den Büchern der Toten geschrieben sind, gerichtet. Die Bücher der Toten (Bösen) sind viele, während es nur ein Buch des Lebens gibt, weil „viele berufen, aber nur wenige auserwählt sind.“ (4)

13. Das Meer repräsentiert die Nationen, die sich in den letzten Tagen gegen die Kirche gestellt haben. Seine Toten sind die Menschen dieser Nationen, die Christus bei Seinem Kommen finden wird. Sie sind tot in der Sünde und ihre Werke sind in den Büchern des Todes niedergeschrieben.
Tod und Hölle müssen ihre Toten herausgeben – die Gottlosen, die vor dem zweiten Kommen Christi sterben. Ihre zur Hölle verdammten Seelen werden nun mit ihren auferstandenen Körpern vereint, um vor dem Richterstuhl Christi zu erscheinen. So geben Tod und Hölle ihre Toten heraus.

14, 15. Diejenigen, deren Namen nicht im Buch des Lebens geschrieben sind, werden, mit Leib und Seele, verdammt zu ewigen Qualen, was der zweite Tod ist. Daher werden Tod und Hölle (die Gottlosen) in den Feuerpfuhl geworfen, um für immer mit dem Tier und seinem Propheten gequält zu werden.
Die Reihenfolge der Ereignisse unmittelbar vor dem letzten Gericht kann aus verschiedenen Schriftstellen recht gut bestimmt werden. Der Aufstand von Gog und Magog wird durch eine Feuerflut vom Himmel bestraft, die wahrscheinlich die Bekehrung einer großen Zahl zur Folge haben wird. Einige Zeit danach werden die Zeichen, die das Kommen Christi ankündigen, Schrecken in alle Herzen schlagen (5) und der Tag des Gerichts wird nahe sein. „Wenn diese Dinge beginnen zu geschehen, schaut auf und erhebet eure Häupter, denn es naht eure Erlösung.“ (6) „Aber Tag und Stunde weiß niemand, auch nicht die Engel des Himmels, sondern der Vater allein.“ (7) Der heilige Paulus sagt, daß „der Tag des Herrn kommen werde wie ein Dieb in der Nacht“, (8) Männer werden inmitten ihrer Beschäftigungen erwischt werden, wie es bei der Sintflut in den Tagen Noes geschah.

Dann „wird das Zeichen des Menschensohnes im Himmel erscheinen, und dann werden alle Geschlechter der Erde wehklagen: und sie werden den Menschensohn kommen sehen in den Wolken Des Himmels, mit großer Kraft und Herrlichkeit. Und er wird Seine Engel mit der Posaune senden, mit großem Schall, und sie werden seine Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen, von einem Ende des Himmels bis zum andern zusammen bringen.“ (9) Beim Klang der Posaune werden die Toten auferstehen. Die Menschen, die an jenem Tag auf der Erde lebten und die Gerechten, die von den Toten auferstehen, werden in die Luft gebracht, um Christus zu treffen und für immer mit Ihm vereint zu sein. „Die Toten, die in Christo sind, werden zuerst auferstehen. Dann werden wir, die noch leben und übrig geblieben sind, zugleich mit ihnen entrückt werden in Wolken, Christo entgegen in die Luft, und werden so immerfort bei dem Herrn sein.“ (10)
Die Bösen, die noch auf Erden leben, und diejenigen, die von den Toten auferweckt wurden, werden auch vor Gericht gebracht. Gut und Böse werden nach ihren Werken gerichtet; „es werden hervor gehen, die Gutes getan haben, zur Auferstehung des Lebens; die aber Böses getan haben, zur Auferstehung des Gerichtes.“ und werden jene Worte Christi hören: “Kommt ihr Gesegneten meines Vaters, besitzet das Reich, das seit Grundlegung der Welt euch bereitet ist.“ (11) Weichet von mir, in das ewige Feuer, welches dem Teufel und seinen Engeln bereitet worden ist.“ (12)
Die Worte des heiligen Paulus, „die Toten, die in Christo sind, werden zuerst auferstehen“, bedeuten nicht, dass die Auferstehung der Gerechten vor der der Gottlosen stattfinden wird. Der heilige Paulus schrieb, um den irrtümlichen Glauben der Thessalonicher zu korrigieren, dass die Gerechten, die beim zweiten Kommen Christi leben, die Herrlichkeit des Himmels früher genießen werden als die, die gestorben sind. Er sagt ihnen, dass die Toten auferstehen werden und dann alle zusammen aufgenommen werden, um Christus zu treffen. Daher „werden wir, die leben und übrig bleiben bis zur Ankunft des Herrn, denen, die entschlafen sind, nicht zuvor kommen werden.“ (13)

Werden die Menschen, die beim zweiten Kommen Christi leben, vor dem Gericht den Tod erfahren? Die Kirche hat in dieser Angelegenheit nichts entschieden, aber die Heilige Schrift scheint darauf hinzudeuten, dass sie es nicht werden. Der heilige Paulus sagt: „Wir, die wir leben, werden aufgenommen.“ Wieder sagt er: „In einem Augenblick, im Handumdrehen, beim Schall der letzten Posaune … werden die Toten unverweslich auferstehen, und wir werden verwandelt werden.“ (14) Er unterscheidet offenbar zwischen denen, die tot sind, und denen, die beim Kommen Christi am Leben bleiben. In dem vorhergehenden Vers schreibt der Apostel: „Wir werden zwar alle wieder auferstehen, aber wir werden nicht alle verwandelt werden.“ (15) Dies bedeutet, dass alle den Tod durchmachen müssen, aber der griechische Text lautet: „Wir werden nicht alle schlafen, aber wir werden alle verändert werden.“ Man muss zugeben, dass diese Lektüre besser mit dem Kontext übereinstimmt als der, der in der Vulgata sich befindet.

Die Frage ist jedoch von geringer Bedeutung. Wir müssen alle verwandelt werden. „Denn dieses Verwesliche muss anziehen die Unverweslichkeit, und dieses Sterbliche anziehen die Unsterblichkeit.“ (16) Die Leiber der Gerechten werden wie die Leib unseres göttlichen Erretters vergeistigt und verklärt. „Gesät wird ein natürlicher Körper; auferstehen wird er als verklärter Leib; gesät wird er in Unehre, auferstehen wird er in Herrlichkeit.“ (17) Nun ist es unerheblich, ob diese Veränderung direkt am lebenden Körper oder indirekt durch Tod und sofortige Auferstehung vollzogen wird.

Anmerkungen:

(1) Luk. 21, 26.
(2) Matth. 24, 26f; Mark. 13, 22f; Luk. 21, 25f.
(3) Matth. 24, 28.
(4) Matth. 22, 14.
(5) Matth. 24, 29; Mark. 13, 24; Luk. 21, 25.
(6) Luk. 21, 28.
(7) Matth. 24, 36.
(8) 1. Thess. 5, 2; Matth. 24, 37.
(9) Matth. 24, 30. 31
(10) 1. Thess. 4, 15. 16.
(11) Joh. 5, 29; Matth. 25, 34.
(12) Joh. 5, 29; Matth. 25, 41.
(13) 1. Thess. 4, 14
(14) 1. Kor. 15, 52; cf. Auch 2. Kor. 5, 4. 5.
(15) 1. Kor. 15, 51
(16) 1. Kor. 15, 53
(17) 1. Kor. 15, 43. 44. –
aus: Rev. E. Sylvester Berry, Die Apokalypse des heiligen Johannes [The Apocalypse of St. John, Columbus, OH: John W. Winterich, 1921], S. 202-207; mit Imprimatur; eigene Übersetzung