Die Visionen der Anna Maria Taigi
Taigi als Ratgeberin des Papstes Leo XII.
Frau Taigi suchte keine Audienz bei den Päpsten nach. Es genügte der demütigen Braut Christi, sie zu ehren, für sie zu beten und für sie zu leiden.
Trotzdem bestanden Beziehungen zwischen ihr und den Päpsten.
Papst Pius VII. schätzte sie sehr hoch und hatte großes Vertrauen auf ihr wirksames Gebet. Er erkundigte sich nicht selten bei Kardinal Pedicini, der oft in ihr Haus kam, nach ihr, sandte ihr den päpstlichen Segen und bat um ihr Gebet.
Am 20. August 1823 starb Pius VII. Die Selige hatte seinen Tod voraus gesagt, wie dieses Kardinal Pedicini bezeugt:
„Pius VII. war krank. Die Dienerin Gottes sah beim Gebet für seine Gesundheit, daß er der Ewigkeit zueile. Daraufhin wurde er alsbald mit den hl. Sterbesakramenten versehen. Andernfalls wäre man nicht mehr rechtzeitig dazu gekommen, wie man nachher erkannte.“
Kaum hatte am 28. September 1823 Leo XII. den Stuhl des hl. Petrus bestiegen, da berief er den seligen Passionisten-Pater Strambi, Bischof von Mecerata, nach Rom, um ihn als seinen vertrauten Ratgeber bei sich zu haben. Wie Strambi, der Anna Maria schon längst als eine von Gott begnadigte Frau kannte, sich ihrer bediente, um in den großen kirchlichen Fragen weise Ratschläge von ihr für Leo XII. zu erhalten, das erzählt uns Monsignore Natali:
„Prälat Strambi teilte mir unter dem Siegel der Verschwiegenheit die Angelegenheiten des Papstes mit, damit ich am folgenden Tage die Dienerin Gottes hierüber befrage. Blind nahm er den Rat derselben an, um ihn dem Heiligen Vater zu überbringen. So machte er es, solange er lebte, weil die Ratschläge der Dienerin Gottes so klug und weise waren, daß der Heilige Vater sie genau ausführte. …“
„Als sie eines Tages ein krankes Bein hatte, sah ich Herrn Todini, den Chirurgen seiner Heiligkeit, in ihr Haus gehen, um für den Papst Aufschlüsse zu erhalten und zu fragen, ob ärztliche Behandlung nötig wäre.“
Kaum drei Monate nach seiner Thronbesteigung wurde Leo XII. so gefährlich krank, dass bereits der Todeskampf einsetzte. Da trat Bischof Strambi an das Sterbebett des Papstes und erklärte, der Papst werde gesund werden, da sich eine andere Person für ihn opfere. Denn Frau Taigi, welche der Bischof von Macerata ums Gebet für den kranken Papst gebeten hatte, ließ ihm sagen:
„Der Papst stirbt nicht, er muss noch für die Kirche arbeiten. Sagen Sie vielmehr Monsignore Strambi, er möge sic auf den Tod vorbereiten.“
Rasch genas der Papst, während der fromme Bischof einige Tage darauf starb.
Interessant ist auch folgende Notiz des Herrn Natali:
„Als ich Sekretär des Kammermeisters Leos XII. war, ließ ich mich in allem von der Dienerin Gottes leiten. Am Abend las ich ihr die Liste der Personen vor, welche für den folgenden Tag um Audienz gebeten hatten. Dann tat sie einen Blick in die geheimnisvolle Sonne und belehrte mich, vorsichtig zu sein betreffs der Zulassung des einen oder anderen fremden Untertanen, sie zu verschieben und beim betreffenden Minister zuerst Erkundigung über ihn einzuziehen. Unter denen, die ich zurück hielt, war zufällig ein Sekretär mit schlechten Absichten. Deshalb setzte Leo XII. so großes Vertrauen auf mich, dass er anordnete, ich solle zugleich mit dem Kammermeister in seinem Vorzimmer mich aufhalten.“ – Das Vertrauen des Papstes auf Natali hatte auf der Hochachtung beruht, die er der von Gott auserwählten Anna Maria Taigi zollte.
Im Februar 1829 sagte Jesus zu seiner Dienerin: „Stehe auf und bete für meinen Stellvertreter, welcher zur Rechenschafts-Ablage über seine Verwaltung vor meinen Richterstuhl erscheinen muss.“ Sofort stand sie auf und betete. Mit Tagesanbruch erfuhr man den Tod des Papstes.
Auf Leo XII. folgte Pius VIII., der nur 20 Monate regierte. Wie uns Kardinal Pedicini berichtet, sagt die Selige den Tod dieses Papstes voraus. Er schreibt:
„Mir sagte der vertraute Priester der Dienerin Gottes, dass sie in der geheimnisvollen Sonne einen Sarg und darauf die Tiara gesehen habe, und dass dies den Tod des Papstes bedeute. Tatsächlich starb der Papst zwei oder drei Tage nach dieser Mitteilung.“
Unter dem folgenden Papst, der am 2. Februar 1831 gewählt wurde und den Namen Gregor XVI. führte, starb die Selige. Sie hatte dessen Wahl voraus gesagt und mit ihren Gebeten viel Unglück bis zum Ende ihres Lebens von Rom fern gehalten.
aus: Wilhelm Kirchgessner, Das Leben der seligen Familienmutter Anna Maria Taigi, 1928, S. 74-77