Lehrschreiben der Päpste

Vatikanisches Konzil und ordentliches Lehramt – Teil 2

Das Vatikanische Konzil ermahnt die Gläubigen

Das Vatikanische Konzil hat in seinem berühmten Abschluss der Konstitution Dei Filius sehr stark auf die Pflicht der Katholiken bestanden, den Teil der päpstlichen Lehren zu akzeptieren, in dem die Enzyklika einbezogen sind. Das Konzil hat seiner ersten dogmatischen Konstitution die folgenden beiden Erklärungen beigefügt.

Itaque supremi pastoralis Nostri officii debitum exsequentes, omnes Christi fideles, maxime vero eos, qui praesunt vel docendi munere funguntur, per viscera Iesu Christi obtestamur, necnon eiusdem Dei et Salvatoris nostri auctoritate iubemus, ut ad hos errores a sancta Ecclesia arcendos et eliminandos, atque purissimae fidei lucem pandendam stadium et operam conferant. (*)

(*) Übersetzung:

In Erfüllung der Pflicht Unseres obersten Hirtenamtes beschwören Wir daher alle Christgläubigen, vorzugsweise aber diejenigen, welche ein Vorsteher- oder Lehramt bekleiden, um der Liebe Jesu Christi willen und befehlen ihnen zudem in Vollmacht eben dieses unseres Gottes und Heilandes, mit Eifer dahin arbeiten, daß diese Irrtümer von der heiligen Kirche abgewehrt und aus ihr gänzlich entfernt und das Licht des Glaubens in seiner vollen Reinheit verbreitet werde. (aus: Granderath SJ, Geschichte des Vatikanischen Konzils 1903, Bd. II, S. 507)

Quoniam vero satis non est, haereticam pravitatem devitare, nisi ii quoque errores diligenter fugiantur, qui ad illam plus minusve accedunt, omnes officii monemus, servandi etiam Constitutiones et Decreta, quibus pravae eiusmodi opiniones, quae isthic diserte non enumerantur, ab hac Sancta Sede prosciptae et prohibitae sunt. (**) [60]

(**) Übersetzung:

Da es aber nicht genug ist, die Verkehrtheit der Häresie zu vermeiden, wenn man nicht zugleich die Irrtümer sorgfältig flieht, welche mit jener in näherem oder entfernterem Zusammenhang stehen, so erinnern Wir alle an die Pflicht, auch jene Konstitutionen und Dekrete zu beobachten, in welchen dergleichen, hier nicht ausdrücklich aufgezählte verkehrte Meinungen von diesem Heiligen Stuhl verworfen und verboten worden sind. (aus: Granderath SJ, a.a.O. S. 507/508)

Anm.: Die gesamte Konstitution auf deutsch ist zu finden unter: Dogmatische Konstitution De fide catholica

Der bedeutendste Kommentator dieser Passage, der französische Theologe Jean Vacant, weist darauf hin, dass das Konzil seine Ermahnung bewusst so formuliert hat, dass deutlich wird, dass die Pflicht aller Gläubigen, die verschiedenen päpstlichen Konstitutionen und Dekrete anzunehmen und zu beachten, auf den Vorrechten des Heiligen Stuhls selbst beruht. [61] Das Konzil möchte lediglich die Mitglieder der Kirche vor einer bereits bestehenden Verpflichtung warnen. Das Volk wird ermahnt, die vom Heiligen Vater in den Dokumenten, auf die das Konzil anspielt, aufgestellten Lehren anzunehmen und zu befolgen, und zwar nicht, weil das Konzil lehrt, dass solche Lehren akzeptiert werden sollen, sondern weil der Heilige Stuhl, der offensichtlich das Recht hat dies zu tun, eine solche Zustimmung für seine eigenen Lehren verlangt hat.

Das Vatikanische Konzil spricht von einer Pflicht, einer moralischen Verpflichtung, die das Gewissen bindet. Alle Gläubigen sind im Gewissen verpflichtet, z. B. eine fortdauernde Zustimmung den päpstlichen Dokumenten zu geben, welche die Irrtümer, die mehr oder weniger eng mit der „ketzerischen Bosheit“ verwandt sind, ächten und verbieten. Das Konzil erwähnt ausdrücklich die Tatsache, dass sich dies auf Irrtümer bezieht, die nicht ausdrücklich in der eigenen Konstitution verurteilt sind.

Es ist wichtig anzumerken, dass das Vatikanische Konzil diese Verpflichtung als etwas bezeichnet, das zur Integrität der Glaubenspflicht selbst gehört. Es warnt die Gläubigen, dass sie an ihrer Zustimmung zu den Lehren der päpstlichen Konstitutionen und Dekrete genau deshalb festhalten müssen, weil „es nicht ausreicht, sich von der ketzerischen Bosheit fernzuhalten, wenn man nicht auch jene Irrtümer sorgfältig flieht, die mit jener in näherem oder entfernterem Zusammengang stehen.“ Das Konzil betrachtet diese Irrtümer, die in den verschiedenen Dokumenten des Heiligen Stuhls angeprangert wurden, als Faktoren, die die Reinheit des Glaubens im Menschen, der sie unglücklicherweise akzeptiert, ruinieren würden.

Anmerkungen:

60. DB , 1819-20.
61. Cf. Études théologiques sur les constitutiones du Concile du Vatican; La Constitution Dei Filius (Paris and Lyons: Delhomme et Briguet, 1895), II, 332 f. –
Von Pater Joseph Clifford Fenton
Auszug aus: American Ecclesiastical Review, Vol. CXXI, August 1949.

übersetzt aus dem englischen Original:
http://www.catholicapologetics.info/apologetics/protestantism/piutreatise.htm

nächster Beitrag: Bedeutung der Kongregationen