Gebote Gottes

Die Kirche hat die Aufgabe der Mission unter den Heiden

Andächtige Christen! Da der Glaube den Menschen Gottes Gebote vor Augen hält, sagt der hl. Paulus einfach: „Ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen“ (Hebr. 11, 6). Dann muss aber auch die Glaubenslehre allen und überall bekannt gegeben werden. Nicht wir selbst haben uns vorzuschreiben, was gut und rechtschaffen ist oder was uns in den Himmel führt, sondern Gott hat es uns vorgeschrieben. Deshalb muss auch sein Gesetz allgemein vermittelt werden. Oder galt vielleicht die Offenbarung Gottes nur dem Alten Bund? Hat nicht Christus bestätigt, von neuem eingeschärft und erläutert, was Gott in feierlicher Weise auf dem Berg Sinai verkündet hatte? Damit aber Christi Werk bis ans Ende der Zeiten fortbestehe, leben und wirken jene Gewalten fort, die er seinen Stellvertretern in der Kirche übertragen hat und die bis zu den Pforten des ewigen, übernatürlichen Himmels reichen. „Wahrlich, ich sage euch: alles, was ihr auf Erden lösen werdet, wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt. 18, 18). Wozu sein Auftrag: „Gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie…“ (Mt. 28, 19), wobei er sich auf seine göttliche Gewalt beruft: „Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden“ (Mt. 28, 18) – wozu anders, als daß die Offenbarung auch allgemein verbreitet werde? Was soll sein strenges Wort: „Wer glaubt und sich taufen läßt, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden“ (Mk. 16, 16)? Es ist wie der letzte, ernste Befehl, allen Völkern des Erdkreises seine Lehre zuteil werden zu lassen. Die Kirche hat also die Aufgabe der Mission. Sie muss gleichsam überall den Wegweiser aufstellen, der zur Ewigkeit führt. … Mit reinen menschlichen Werken, und wären sie noch so gut und rechtschaffen, kann der Heide übrigens den übernatürlichen Himmel nicht verdienen; sie müssen einen höheren Wert erhalten.

So ist die Kirche nach dem Willen Gottes der fortlehrende und heiligende Christus. Seine Lehre soll sie in der Welt einführen und fortpflanzen. Wie der Heiland selbst „durch alle Städte und Flecken umher zog, indem er in ihren Synagogen lehrte und das Evangelium vom Reich predigte“ (Mt. 9, 35), so sandte er seine Jünger: „Gehet hin, predigt und sprecht: Das Himmelreich hat sich genaht“ (Mt. 10, 7). Seinen allgemeinen Missionsbefehl, so darf ich es nennen, haben sie ausgeführt: „Sie aber gingen hin und predigten überall“ (Mk. 16, 20).

Durch die Mission der Kirche wird der Segen Christi zu den Heiden getragen und in Erfüllung geht Gottes Verheißung an Abraham: „In dir und in deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechter der Erde“ (Gn. 22, 18). In der Missionstätigkeit unter den Heidenvölkern bewahrheitet sich die Weissagung des Malachias: „Vom Aufgang der sonne bis zum Niedergang ist mein Name groß unter den Heiden“ (Mal. 1, 11). Deshalb hat es die Kirche, auch unter den Hochgestellten gegenüber, nicht nur als ihr Recht, sondern als ihre Pflicht betrachtet, die Glaubenslehre zu verbreiten und zu verteidigen gegen Unglauben und Irrlehre, gegen List und Gewalt. Nicht Unduldsamkeit treibt sie an, sondern der Auftrag Christi; nicht Gewinnsucht und Selbstsucht bewegen sie dazu, sondern Gottes Autorität; nicht die Absicht, vom Volk blinden Gehorsam zu fordern, sondern die Aufgabe, ihm die Freiheit der Kinder Gottes zu bringen. Wie einst die alten Heiden in Schrift und Rede den Satz geprägt: pro aris et focis, „für Altar und Herd“ zu kämpfen, so trägt die Kirche mit übernatürlichen Heilsmitteln in höherer Weise denselben Ruf hinaus in die Welt. Altar und Herd bezeichnen dabei die Güter des geoffenbarten Gottesglaubens und des christlichen, von Gott gewollten Familienlebens. Mit der christlichen Kultur bringt sie den Heiden die Ewigkeitswerte, die den Menschen mit der Gottheit verbinden.

So hat also, andächtige Christen, die Heidenmission eine große Bedeutung in der Geschichte und nach dem Plane der göttlichen Vorsehung; sie ist zudem eine heilige Aufgabe der Kirche. Sollten sich da nicht alle Glieder dieser Kirche, die Priester sowohl wie die Laien, verpflichtet fühlen, dieselbe nach Kräften zu unterstützen und zu fördern? Rührt dich nicht die Sprache der Tränen jener taubstummen, unglücklichen Heiden? Verstehst du nicht die Zeichen ihrer Sehnsucht? Habe Mitleid mit ihnen und bring ihnen die Missionshilfe des Gebetes“ Wohl mögen die Missionare die Offenbarungs-Wahrheiten verkünden, der Glaube selbst aber ist immerhin eine Gnade Gottes, und seine Gnaden hat Gott vom Gebet abhängig gemacht. Sollend deshalb unzählige aus der Heidenwelt verloren gehen, weil es am Gebet der Gläubigen mangelt? … Soll die Gleichgültigkeit mancher, die sonst gerne opferwillig sind, schuld daran sein, daß unzähligen nicht geholfen werden kann?

Beten, Opfern und Werben für das große Werk der Missions-Tätigkeit, das ist unser Apostolat, bis unsere Zunge einletztes Mal hienieden den Namen des Heilandes anruft und unser Ohr sich öffnet dem Jubel des himmlischen Heimatlandes. Amen. (Auszug aus einer Predigt von P. Peter Jansen OMI) –
aus: Robert Streit, OMI, Missionspredigten, Bd. III, Das apostolische Werk, 1914, S. 89-92

siehe auch den Beitrag: Der Missionsbefehl Jesu