Aus dem Katechismus von Ambrosius Guillois
Die Merkmale der wahren Kirche Heiligkeit sowie katholisch und apostolisch
Warum muss die Kirche eine heilige sein?
Fr.: Warum muss die Kirche eine heilige Kirche sein?
Antw.: Die Kirche muss eine heilige sein, weil Jesus Christus, die Heiligkeit selbst, auch nur eine heilige Lehre predigen und eine heilige Gemeinde gründen konnte.
Erklärung: Eine Lehre, die nicht heilig wäre, die dem Hochmut des Menschen schmeichelte und seine Leidenschaften begünstigte, wäre Jesu Christi durchaus unwürdig sein. Der, der die Heiligkeit selbst ist, hat auch nur eine heilige und reine Lehre predigen können; eine Lehre, welche geeignet ist, die Menschen tugendhaft und gerecht zu machen und sie Gott näher zu bringen, indem sie ihnen einen hohen Begriff von seinen unendlichen Eigenschaften, seiner Gerechtigkeit, seiner Güte, seiner Liebe und seiner Heiligkeit etc. … einflößte.
Jesus Christus hat aber auch nur eine heilige Gemeinde stiften können; nicht in dem Sinne, als ob alle ihre Glieder heilig sein müssten, sonst würde es niemals eine wahrhaftige Kirche gegeben haben, denn zu allen Zeiten gab es Christen, die durch ihre Laster den heiligen Charakter entweihten, der ihnen in der Taufe aufgedrückt war; sondern eine solche Gemeinde, in der sich alles fände, was notwendig ist, um Heilige zu bilden; eine solche, die unter ihren Gliedern auch wirklich stets Heilige zählte; eine solche, die in allen ihren Gliedern zur Heiligkeit berufen wäre und alle notwendigen Erfordernisse besäße, um zu derselben zu verhelfen.
So ist die von Jesus Christus gegründete Gemeinde beschaffen. „Er hat“, sagt der heilige Paulus, „die Kirche geliebt und sich für sie in den Tod begeben, um sie zu heiligen.“ Die wahrhaftige Kirche, die Kirche Jesu Christi muss also notwendig heilig sein.
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Warum muss die Kirche eine katholische sein?
Fr.: Warum muss die Kirche eine katholische sein?
Antw.: Die Kirche muss eine katholische oder allgemeine sein, weil Jesus Christus, der alle Menschen erlösen will, ihnen auch für alle Zeiten und für alle Orte die notwendigen Heilsmittel geben musste.
Erklärung: Die wahre Kirche hat von jeher durch den Namen der katholischen sich ausgezeichnet. „Wenn ihr eine Stadt betretet“, sagt der heilige Cyrillus von Jerusalem, „so fragt nicht bloß nach der Kirche, sondern nach der katholischen Kirche; denn das ist der eigentliche und bezeichnende Name der der wahren Kirche, die unsere gemeinsame Mutter und die Braut des Erlösers ist.“ –
„Christ ist ein Name“, sagte der heilige Patianus, „und Katholik ist ein Beiname.“ – Katholisch heißt, allgemein. Die wahre Kirche trägt diesen Namen, weil sie sich auf alle Zeiten und alle Orte erstreckt.
1) Sie erstreckt sich auf alle Zeiten, d. h. Sie ist von Anfang der Welt an dagewesen und wird bis ans Ende der Zeitlichkeit da sein. Zwar ist die Kirche, ihrer äußeren Gestalt nach und insofern sie die vom Papst und den Bischöfen regierte Gemeinde der Gläubigen ist, erst seit Jesus Christus, ihrem Stifter, da; betrachtet man aber die Kirche an sich und ihrem Wesen nach, d. h. Insofern sie die Gesellschaft der Gläubigen und der Gerechten aller Zeiten ist, die alle zusammen einen Leib bilden, an dem Jesus Christus das Haupt ist, so kann man sagen, dass sie bis auf die Wiege des Menschengeschlechts zurückgeht.
Adam seit seiner Bekehrung, Abel, Seth und seine Nachkommen, Noah, Sem, Abraham und alle Patriarchen, Moses und sein Volk, mit einem Wort, alle Anbeter des wahren Gottes, die vor Jesus Christus lebten, gehörten der Kirche an, weil sie im Grunde denselben Glauben hatten wie diese, und weil der von ihnen erwartete und ersehnte Messias, obwohl ihnen sein Name noch verborgen war, derselbe Jesus Christus war, den die Kirche seit seiner Ankunft anbetet.
Die Gläubigen des alten Bundes waren durch dieselben Bande an Gott geknüpft wie die Gläubigen des neuen Bundes. Sie waren Christen gewissermaßen im Voraus, und gehörten als solche der großen Gemeinde Gottes, der Kirche, an, d. h. Jener zahllosen Gesellschaft von Gläubigen aller Orten und aller Zeiten, von denen David redet, wenn er sagt: Alle Völker werden vor ihm anbeten. –
So erkennt die wahre Kirche als ihre Kinder alle Gläubigen an, die in den vier Jahrtausenden vor der Ankunft des Erlösers gelebt haben und alle, die nach der Menschwerdung desselben dagewesen sind, noch da sind und da sein werden bis ans Ende der Tage. Diese ganze unzählige Menge bildet nur einen Leib, eine Gemeinde, ein Volk, eine Kirche. –
2) Sie erstreckt sich alle Orte; d. h. es gibt keinen Ort, keine Stadt, kein Land, kein Reich in der Welt, wo die Lehre Jesu Christi und der Glaube an ihn nicht gekannt und bekannt worden sind, es noch sind, oder doch in Zukunft sein werden. Jesus Christus hat seine Apostel ausgesandt, alle Nationen zu belehren und das Evangelium allen Geschöpfen zu predigen.
Sobald sie sich zur Verkündigung der Heilswahrheiten in die Welt geteilt hatten und hinausgegangen waren in dieselbe, gewahrte man überall den Einfluss und die Wirkungen dieser ihrer Predigt; in Asien, Parthien, Indien, Ägypten, Rom, Italien, Spanien, Gallien und nicht bloß innerhalb des römischen Reiches, auch außerhalb desselben bis nach Großbritannien, Germanien, das die Römer kaum dem Namen nach kannten, und bis zu den Inselnationen, die ihnen fast ganz fremd waren, so dass schon der heilige Irenäus, der an die apostolische Zeit nahe angrenzte, von der Verbreitung der christlichen Kirche über die ganze Erde sprechen konnte.
„Die Kirche“, sagte der heilige Augustin, „kennt keine Grenzen, wie etwa dieser oder jener Staat oder wie die häretischen Sekten, die von einer Provinz oder von einem Königreich umschlossen werden; sie erstreckt sich über alle Menschen, sie begreift alle Nationen. Von Morgen bis Abend, von Mittag bis Mitternacht hat die Kirche das helle Licht des Glaubens leuchten lassen und die Finsternis des Götzendienstes verrichtet, von der die Erde bedeckt war.“ –
An ihrer Ausdehnung und ihrem Umfang hat man also stets die wahre Kirche erkannt, und wird sie stets erkennen. Jede von dieser allgemeinen Kirche getrennte, in einem beliebigen Winkel der Erde existierende Gemeinde kann die wahre Kirche nicht sein. Diese ist überall, wo die Häretiker oder Abtrünnigen sind, aber die Häretiker sind nicht überall, wo diese ist, und sie ist, wo jene nicht sind. Sie erstreckt sich alle Zeiten und alle Orte, weil sie Jesus Christus, den neuen Adam, der zur Rettung derer, die der erste Adam ins Unglück gebracht hatte, erschienen ist, zum Gründer hat und weil sie daher keinen ausschließen darf, so dass sie sich notwendig auf alle Zeiten und alle Orte erstreckt.
Warum muss die Kirche eine apostolische sein?
Fr.: Warum muss die Kirche eine apostolische sein?
Antw.: Die wahre Kirche Jesu Christi muss eine apostolische sein, weil sie ihre Lehre und ihre Macht nur von den Aposteln haben kann, welchen einzig und allein beides von Jesus Christus übertragen ist, um es ihren Nachfolgern zu vererben.
Erklärung: Die Apostel, und die Apostel allein, sind es, die Jesus Christus mit der Predigt und Feststellung seiner Lehre beauftragt hat. „Ich sende euch“, sagt er ihnen, „wie mein Vater mich gesandt hat. Geht und lehrt alle Völker.“ Gleichzeitig versprach er ihnen, bei und mit ihnen zu sein bis ans Ende der Tage. Somit war es sein Wille, dass der ihnen gegebene Auftrag ein für alle Zeiten der Kirche gültiger und feststehender werde; dass er durch sie und durch sie allein auf andere übergehe, so wie sie ihn von ihrem göttlichen Meister erhalten hatten.
Demzufolge ist jede Kirche, die nicht apostolisch ist, die nicht in ununterbrochener Reihenfolge bis auf die Apostel zurückgeht, die die Lehre, welche sie predigt, und die Macht, die sie übt, nicht von den Aposteln hat, auch nicht die Kirche Jesu Christi.
aus: Ambrosius Guillois, Historische, dogmatische, moralische und liturgische Erklärung des Katechismus, Bd. 1, 1848, S. 408 – S. 411
Siehe auch den Beitrag: Luther und der Schlüssel zur Hölle
Weitere Beiträge aus dem Katechismus von Ambrosius Guillois siehe auf katholischglauben.info:
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