Päpstliches Lehramt
Leo XIII. über die Aufgabe der Kirche
Leo XIII.: Satis cognitum – Rundschreiben über die Einheit der Kirche (v. 29.6.1896)
Die Verteidigung der Unversehrtheit des Glaubens
624 Einerseits muss also das Amt, alles zu lehren, was Christus gelehrt, ständig und unwandelbar fortdauern; anderseits ist aber auch beständig und unwandelbar die Pflicht, jene Lehre anzunehmen und zu bekennen. Cyprian (Cyprianus, Epist. LXIX ad Magnum n. 1. CV 3, 2; 749-750. PL 3, 1138) beleuchtet dies klar mit den Worten: „Wo unser Herr Jesus Christus im Evangelium jene als seine Feinde bezeichnet, die nicht mit ihm sind, hat er nicht von einer bestimmten Häresie gesprochen; er nennt vielmehr alle jene seine Feinde, die nicht mit ihm sind, nicht mit ihm sammeln, wohl aber seine Herde zerstreuen. Denn er sagt: Wer nicht mit mir ist, ist wider mich; und wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut. (Luk. 11, 23)“
625 Ausgerüstet mit diesem Auftrag und eingedenk ihres Amtes, hat die Kirche auf nichts anderes größeren Eifer und größere Tatkraft verwandt, als auf die allseitige Verteidigung der Unversehrtheit des Glaubens. Deshalb hat sie alle jene, die in irgendeinem Punkte der Lehre nicht mit ihr übereinstimmten, alsbald des Hochverrates schuldig erklärt und aus ihrer Mitte ausgeschlossen. Die Arianer, Montanisten, Novatianer, Quartodezimaner und Eutychianer haben gewiss die katholische Lehre nicht ganz, sondern nur teilweise verworfen; wer wüßte aber nicht, daß sie als Häretiker verurteilt und aus dem Schoße der Kirche ausgestoßen wurden? In ähnlicher Weise sind alle verurteilt worden, die zu verschiedenen Zeiten als Urheber von Irrlehren aufgetreten sind. „Es gibt nichts Gefährlicheres als diese Irrlehrer; über alles reden sie zwar tadellos, mit einem Wörtchen aber verderben sie, wie mit einem Tröpflein Gift, den reinen und unverfälschten Glauben an die göttliche und folglich auch an die apostolische Überlieferung“. (Der Verfasser des Tractatus de Fide orthodoxa contra Arianos c. 1. PL 17, 552)
626 So hat die Kirche stets gehandelt, gestützt auf das einstimmige Urteil der Väter; diese waren immer der Überzeugung, es sei aus der katholischen Gemeinschaft ausgeschlossen und von der Kirche abgefallen, wer auch nur im geringsten von der durch das beglaubigte Lehramt vorgetragenen Lehre abgewichen sei. Epiphanius, Augustinus, Theodoret haben eine große Anzahl von Häresien ihrer Zeit aufgezählt. Augustinus meint, es könnten auch noch andere Irrlehren entstehen, und jeder, der auch nur einer einzigen zustimme, sei dadurch von der katholischen Einheit getrennt: „Nicht jeder, der jenen (aufgezählten Häresien) nicht zustimmt, darf sich infolgedessen schon als katholischen Christen betrachten und so nennen. Es können auch noch andere Häresien bestehen oder entstehen, die nicht in diesem Werke aufgezählt sind; wer sich irgendeiner von ihnen verschreibt, wäre kein katholischer Christ“. (Augustinus, De haeresibus n. 88. PL 42, 50) –
aus: Anton Rohrbasser, Heilslehre der Kirche, Dokumente von Pius IX. bis Pius XII., 1953, S. 369-371