4. Merkmal der Kirche Unzerstörbarkeit

Christus verhieß die Unfehlbarkeit im Lehramt: Petrus mit der Schlüsselgewalt

F. X. Weninger SJ: Katholizismus, Protestantismus und Unglaube

Beiträge von Franz Xaver Weninger: österreichischer Jesuit, geistlicher Schriftsteller und Volksmissionar

Zweites Hauptstück

Erster Abschnitt – 4. Merkmal der Kirche Die Unzerstörbarkeit

Es ist dies das vierte charakteristische Merkmal der wahren Kirche Christi, das ich eurer ernsten Beherzigung und Erwägung empfehle.

Hochfeierlich bezeichnete Christus selbst seine Kirche mit diesem Merkmal, indem er zu Petrus spricht: „Ich sage dir, du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen.“ (Matth. 16, 18) Somit verspricht Christus seiner Kirche auch die unzerstörbare Fortdauer durch den Lauf der Zeiten.

Deshalb feierten auch die heiligen Väter der frühesten Zeit mit Recht gerade diesen Vorzug der Kirche mit hochbegeisterter Bewunderung. „Die Kirche“, schreibt der hl. Hieronymus, „ist auf Petrus gegründet. Kein Sturm kann sie erschüttern, kein tobendes Ungewitter stürzen.“ (Comment. In cap. 16. Matth.)

Der gleichzeitige Alexander von Alexandrien schreibt: „Wir erkennen nur Eine Kirche, die katholisch-apostolische Kirche, welche nie besiegt werden kann, wenn auch die ganze Welt sie befehdet, vielmehr jeden noch so wütenden Anfall des Irrtums besiegt und zunichte macht.“ Dieses Merkmal muss notwendig die wahre Kirche Christi auszeichnen, da sie ja von ihm für das Heil aller Menschen bis an das Ende der Welt eingesetzt wurde.

Wie glorreich erstrahlt auch dieses Merkmal an der katholischen Kirche und nur ihr allein.

Alles altert, nur nicht die katholische Kirche. Sie ist der Abglanz ihres Stifters, ein Abglanz Gottes, den Augustin mit Recht die ewig neue und ewig alte Schönheit genannt. Sie ist das Abbild Christi, von dem der hl. Paulus sagt: „Christus gestern, heute und in Ewigkeit derselbe.“ (Hebr. 13, 8) Aus jeder der unzähligen und heftigsten Verfolgungen ging die Kirche, wie einst Johannes, der Jünger der Liebe, aus dem siedenden Öl der heißesten Prüfung, noch kräftiger hervor. Ihr pflegt sie die alte Kirche zu nennen. Sie ist es, aber sie altert deshalb nicht.

Nennt mir eine Religionsgemeinschaft, die auch in dieser gegenwärtigen Zeit, eine solche Stärke und Jugendkraft aufzuweisen hätte, als eben die katholische Kirche. Wahrlich, wenn schon der weise Gamaliel bei der Gründung derselben zu seiner Zeit sagen konnte: „Wenn dieses Werk nicht aus Gott ist, sondern Menschenwerk, dann wird und muss es fallen, wenn es aber aus Gott ist, dann werdet ihr es nicht hindern und zerstören!“ (Apostelg. 5, 38 u. 39) –

Ich frage: was würde er nicht erst heute sagen, nach einem neunzehnhundert-jährigen Kampf und einem durch neunzehnhundert Jahre immer wiederkehrenden Sieg? Wo hat die Weltgeschichte etwas Ähnliches aufzuweisen? Auch hier gilt das Dilemma, das einst der hl. Augustin zum Beweis der Göttlichkeit der katholischen Kirche ausgesprochen, nur mit einer kleinen Änderung, wenn wir nämlich das, was er von ihrer Ausbreitung gesagt, auf ihre Dauer anwenden, nämlich: Entweder ist die katholische Kirche in ihrem inneren und äußeren Verband, durch diese neunzehnhundert Jahre ihres Bestehens, mit oder ohne Wunder erhalten worden.

Ist sie durch Wunder erhalten worden, so ist sie göttlich. Ist sie aber ohne Wunder erhalten worden, so ist dies selbst das größte Wunder.

Oder kann es jemand aus euch leugnen, der die Welt- und Kirchengeschichte kennt, dass die Geschichte keine Parallele aufzuweisen hat, von irgendeiner Macht, die aus einem so geringen Anfang zu einer solchen Größe sich entfaltete, und diese durch so viele gleichsam ununterbrochene Stürme dennoch unversehrt bewahrte.

Denkt, Freunde, an den Augenblick, wo Petrus von Antiochien kommend zum ersten Mal als armer bestaubter Pilger barfuß durch die Tore der mächtigen Kaiserstadt, des die Welt beherrschenden Rom, einging. Wäre damals ein Prophet des Herrn dagestanden und hätte den Römern gesagt: „Sehr ihr diesen armen, greisen Pilger. Staunt und hört: Die Nachfolger dieses jüdischen Fischers werden einst ihren Sitz über den Trümmern eures Reiches erheben und bis an die äußersten Grenzen ihre geistige Macht ausdehnen, und vor ihnen werden sich Kaiser und Könige beugen.“

Was hätten sich diese Römer wohl gedacht? Gewiss, sie hätten diesen Propheten samt seiner Prophezeiung verlacht, besonders als sie diesen greisen Pilger kopfabwärts an das Kreuz geschlagen sahen. Hätten sie nicht hohnlachend gesagt: „Hier, Prophet, hängt deine Prophezeiung kopfabwärts ans Kreuz geschlagen.“ Und dennoch entwuchs diesem Samenkörnlein, das in der Confession Petri ruht, der mächtige Weltbaum, dessen Stamm zu Rom in jenem Grab wurzelt, und wuchs heran und trieb und treibt und breitet seine Äste aus bis an die Grenzen der Erde.

So ward Rom weit mächtiger durch Religion, wie Leo der Große mit Recht gesagt, dass es einst durch seine Waffengewalt gewesen, und was wohl zu bemerken, diese Größe und Dauer verdankte Rom, und die mit ihm verbundene Kirche nicht dem Schutz menschlicher Hilfe, im Gegenteil, alle irdischen Gewalten, welche sich einst der Einführung der Kirche entgegengesetzt, haben durch neunzehnhundert Jahre nicht aufgehört, an diesem Baum zu rütteln und ihn womöglich mit den Wurzeln auszureißen.

Wir wissen es nur zu gut, mit welcher Wut die weltliche Macht der ersten Imperatoren durch dreihundert Jahre sich bemühte, die Kirche zu vernichten. Und selbst nachdem Konstantin der Große das Kreuz auf seine Krone gepflanzt, welch eine Reihe von Fürsten und Regenten weist uns nicht die Welt- und Kirchengeschichte auf, welche seit Konstantius, dem Sohn Konstantins, sei es aus Schlauheit eines Julian, oder mit der Gewalttätigkeit eines Valens, die Kirche verfolgten und noch verfolgen! –

Ist euch die Geschichte unserer Tage unbekannt? – Denkt an Turin, denkt an die europäische Revolution, welche Pläne werden wohl dort gegen Rom und die katholische Kirche ausgebrütet, während ich diese Worte schreibe?

Nebenbei. Wie viele Philosophen des Unglaubens, die seit Celsus bis auf Voltaire, Pain, Strauß, Fourier, Leroux und Renan, wie viele Irrlehrer, die seit Simon Magus bis auf die St. Simonisten und die Mormonen, wie viele, die seit den Widersachern eines Johannes bis auf Photius und Febronius als Schismatiker an diesem Baum, in Verbindung mit allen Leidenschaften menschlicher Verkehrtheit und vereinigt mit aller Bosheit der höllischen Mächte, durch neunzehnhundert Jahre gerüttelt haben und noch rütteln. Sie mögen irgendeinen Ast gebrochen haben, doch ein neuer wuchs dafür, und der Stamm beugt sich nicht.

Ja, selbst wenn der Papst und die Kirche heute in die Katakomben zurückkehren sollte, bleibt ihr der Sieg, denn sie geht dahin zurück, wie sie aus denselben hervorgegangen, nämlich als Reich der Wahrheit, der Christus die Mittel des Heiles übergab, nicht um hier gerade in irdischer Größe zu glänzen, sondern um allen ihren treuen Kindern den Weg des Heiles zu weisen und ihnen die Pforte des Himmels zu eröffnen.

Dessen ist sich Pius IX. bewusst, daher seine Ruhe und Festigkeit. Dessen ist sich mit ihm die ganze katholische Kirche bewusst, daher die Furchtlosigkeit, mit der sie der Zukunft entgegenblickt, mag kommen, was will; denn nie kann und wird das Wort Christi entkräftet werden: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt.“

Blickt nun auf die Schicksale des Protestantismus als Kirche, welch ein Gegensatz! – Dieser Baum verdorrte bereits im Angesicht derjenigen selbst, die ihn gepflanzt, und seit wie lange schon hat der Luftzug der Zeit die dürren Blätter der verschiedenen Schriftauslegungen von diesem Baum gejagt? Wo sind die, die heute gerade so denken und glauben, wie einst Luther, Calvin und Zwingli geglaubt und gedacht? Ja, bei wie vielen hat sich der Protestantismus zur völligen Leugnung des Christentums entwickelt und hat seine Bekenner in getaufte Heiden verwandelt, ohne dass sie dabei den Charakter aufzugeben hätten, Protestanten zu sein. Wie viele gibt es besonders hierzulande, die selbst niemals durch das Sakrament der Taufe wirklich Christen geworden!

Eure Gemeinden würden hier in Amerika, trotz der vielen Dominationen oder Sekten, höchst wahrscheinlich bereits gänzlich eingegangen sein, würden nicht die zeitweiligen Revivals wieder einige zu äußeren Anhänger derselben rekrutieren, und würden eure strengen Sonntagsgesetze nicht immer noch welche in eure Meetinghäuser bringen, um sich wenigstens die Langeweile darin zu vertreiben. –

Indes, diese eure Revivals beleben den Protestantismus an und für sich nicht, der als Kirche schon bei seiner Geburt den Keim des Todes in sich trug. Es gibt wohl noch Protestanten, aber keinen sich treu gebliebenen Protestantismus, und eure Sonntagsgesetze sind der Trauermantel, mit dem ihr zur Not den erstorbenen Sinn für Religion und Christentum bedeckt.

Wie lebenskräftig, stark und tatenreich steht diesem aufgelösten oder erstarrten Protestantismus entgegen die katholische Kirche mit den eben nachgewiesenen Merkmalen, als Stadt Gottes auf dem Berg, jedem Erdenwanderer, der eines aufrichtigen Willens ist, leicht erkennbar, um durch ihre Tore einzuziehen und von ihr aus mit Sicherheit den Weg des Heiles zu wandeln, bis hin zur Pforte des himmlischen Jerusalem.

Ich empfehle noch einmal eurer Beherzigung besonders das erste und an und für sich allein unwidersprechbar beweisende Merkmal, nämlich das ihrer Apostolizität: „Die erste Kirche Christi ist die wahre oder keine.“

Aus all dem bisher über die Merkmale der wahren Kirche Christi Gesagten, erhellt somit unwidersprechlich, dass dieselben ausschließlich der katholischen Kirche eigen sind, und dass somit auch sie allein die wahre Kirche Christi ist, außer deren Gemeinschaft das wahre Christentum nicht zu finden.

Jeder, der unparteiisch prüft, muss erkennen, dass die katholische Kirche, durch diese Merkmale bezeichnet, als die Stadt Gottes, wie auf einen Berg hingestellt sei und allen als die Kirche Christi erkennbar erscheine, während dem Protestantismus jedes dieser Merkmale fehlt und er sich vergeblich bemüht, sich das Ansehen der wahren Kirche Christi zu geben.

Wollte Gott, jeder prüfte mit der Aufrichtigkeit des berühmten Konvertiten und Geschichtschreiber Hurter, des gefeierten Schweizer Gelehrten, er würde auch mit ihm zweifelsohne finden, dass die katholische Kirche allein die authentische, ursprüngliche und unveränderliche Kirche Christi, hingegen der Protestantismus nur eine Abweichung von derselben ist? So wie ein Protestant mit Ernst prüft und mit der Fackel der Geschichte zurück bis auf den Beginn des Protestantismus geht, schwankt auch schon die Festigkeit seiner Überzeugung, während der Katholik eben dadurch, dass er prüft und sieht, wie alles, Geschichte, Vernunft, Erfahrung und Wissenschaft, seiner Mutter, der heiligen katholischen Kirche, Zeugnis gibt, sich um so mehr im Glauben gekräftigt fühlt, so dass er bereit ist für diese Überzeugung gerne selbst sein Blut zu vergießen.

Als Petrus, der Märtyrer, unter den Axtstreichen seiner Mörder zu Boden sank, schrieb er noch mit seinem Finger, den er in sein Blut getaucht, das unerschütterliche Bekenntnis seines Herzens auf die Erde hin: „Ich glaube.“

Dieselbe Glaubensüberzeugung belebt jeden wahren Sohn der katholischen Kirche. Er erkennt sie an diesen ihren hoch herrlichen und wundervollen Merkmalen als die eine göttliche von Christus gestiftete Kirche, und weiß, warum er glaubt, wenn er das bekennt und glaubt, was sie lehrt. –
aus: Franz Xaver Weninger, Katholizismus, Protestantismus und Unglaube. Ein Aufruf an alle zur Rückkehr zu Christentum und Kirche, 1869. S. 91 – S. 97

Folgebeitrag: 5. Merkmal der Kirche Die Unfehlbarkeit der katholischen Kirche

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Bildquelle

5. Merkmal der Kirche Unfehlbarkeit
3. Merkmal der Kirche Die Allgemeinheit

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