Vollmacht der Päpste Teil 3 (858 – 1073)

VI. Zeugnisse der Päpste
durch die feierliche Berufung auf diese ihre apostolische Vollmacht in Glaubens-Entscheidungen im Angesicht der ganzen Kirche

Vollmacht der Päpste Teil 3 – von 858 bis  1073 n. Chr.

Papst Nikolaus

Kräftiger noch spricht sich Papst Nikolaus († 867) aus, weil er dazu bestimmter aufgefordert war. – In dem Brief an König Karl heißt es: „Dieser heilige und erste Stuhl, dem die Sorge der ganzen Herde des Herrn vertraut ist, sorgt, dass in allen Teilen der Welt alles nach Anordnung seiner Richtschnur geordnet werde.“ „In omnibus mundi partibus, rectitudinis suae dispositione, cuncta ordinari procurat.“

Und in dem Schreiben an Karl den Kahlen und die Bischöfe der Synode von Soissons: „Ihr werdet erkennen, dass nicht nur allein von allem, was einigermaßen in Zweifel gezogen werden, oder irgendeiner Frage unterliegen könnte, sondern dass auch in Vollbringung aller sonstigen kirchlichen Geschäfte an das Haupt des Episkopats, das ist, an den Stuhl des großen Petrus von euch alles zu bringen sei.“ „Non solum de omnibus, quae possint aliquam recipere dubitationem vel quamcumque incurrere questionem etc.“

„Die Privilegien des apostolischen Stuhles sind Schirmdeckungen der ganzen katholischen Kirche, Bollwerke wider alle Anfälle der Bosheit“ „Privilegia sedis apostolicae tegmina sund totius Ecclesiae catholicae; munimina sunt circa omnes impetus pravitatis“; denn was Rothad (Bischof von Soissons, durch Hinkmar und Karl verfolgt) heute widerfuhr, woher wisset ihr, dass es morgen nicht jedem aus euch widerfahren möge?“ „Quod Rothado hodie contigit, unde scitis, quod cras non cuilibet eveniat vestrum?“

„Und wenn es geschieht, zu wessen Hilfe werdet ihr fliehen?“ „Quod si contigerit, ad cujus confugietis auxilium“ etc.“ – Wenngleich hier es sich zunächst um Personen gehandelt, so leuchtet doch klar durch, wo nach der Lehre Nikolaus der oberste Gerichtshof in Dingen des Glaubens zu suchen sei.

In diesem vollen Bewusstsein der absoluten kirchlichen Prärogative seiner Cathedra apostolica schrieb derselbe Nikolaus den Bischöfen des Orients, und, wohlgemerkt, im neunten Jahrhundert, also: „Was war wohl in allen allgemeinen Konzilien gültig, was auf irgend eine Weise angenommen, als das, was der Stihl des hl. Petrus guthieß, wie ihr es selbst wisset.“ „Quid ratum, quid prorsus acceptum, nisi quod sedes beati Petri probavit, ut ipsi scitis.“

„So wie im Gegenteil, allein, was Er verwarf, das allein bleibt bis jetzt verworfen.“ „Socut o contrario, quod ipsa reprobavit, hoc solummodo consistit hactenus reprobatum.“ – Ähnliches sagt er dem Kaiser Michael, und sprach es in der allgemeinen unerschütterlichen Glaubens-Überzeugung der ganzen Christenheit.

Hören wir noch, wie Nikolaus die Ehetrennung König Lothars, durch einige feile Bischöfe in einer Synode von Mainz versammelt, erlaubt, als ungültig und unerlaubt verurteilte:

„Die Synode von Mainz“, heißt es in dem kirchenoberhäuptlichen Urteil an alle Bischöfe, – „verdammen wir, kraft apostolischer Autorität.“ – Die daran beteiligten Bischöfe, erklärt Nikolaus ihrer Würde entsetzt und fügt bei: „Wenn jemand die Dogmen, Befehle, Verbote, Satzungen und Dekrete für den katholischen Glauben oder für die Kirchen-Disziplin, vom Vorsteher des apostolischen Stuhles erlassen, verachtet, – der sei verflucht.“ – „Si quis dogmata, mandata, interdicta, sanctiones vel decreta pro fide catholica, et pro ecclesiastica disciplina a sedis apostolicae praeside promulgata, contemserit, – anathema sit.“

Papst Hadrian II. und Papst Johann VIII.

Wie Papst Hadrian II. († 872), sich im Angesicht des achten, allgemeinen Konzils und des Kaisers Basilius aussprach, ward oben gezeigt.

Auf diese Glaubens-Prärogative beruft sich auch Papst Johann VIII. († 882), in seinem Schreiben an König Michael von Bulgarien. – „Wir glauben“, sagt er, „dass es euch nicht unbekannt sei, dass der apostolische Stuhl des hl. Petrus nie von anderen Stühlen des Irrtums sei bezichtigt worden; da er es ist, der alle anderen, und vorzüglich den konstantinopolitanischen, sehr oft des Irrtums rügte oder von Irrtum befreite; oder jene, die zu folgen sich weigerten, durch das Urteil seines Ausspruches verdammte.“ –

Im gleichen Sinne sagte er dem Comes Petrus: „Der König lese nur die evangelische Geschichte“, – „legat rex evangelicam historiam et videat ibi“, und sehe allda wie vor allen allein, während sie so und so meinten, Christus, der Sohn des lebendigen Gottes es Petro geoffenbart, und ihm einzeln gesagt wurde: „Ich habe für dich, Petrus, gebetet etc.“ … „Wenn also, während andere irrig meinten, Petro vorzugsweise die Wahrheit geoffenbart ist, und wenn für den Glauben Petri allein gebetet ward, dass er snicht abnehme, so möge der König bedenken“, – „consideret rex etc.“

„Für diesen reinsten Glauben weilte der selige Petrus zu Rom, in diesem Glauben festigte er die Kirche, und litt für selben den Tod.“ – „Pro hac itaque purissima fide beatus Petrus Romae commoratus, in hac stabilitavit Ecclesiam, – pro hac fide, decus mortis assumpsit etc.“ … „Diesen Glauben heißt es also auch vor allem nirgend anders suchen als zu Rom, wo er von Petrus gepflegt und eingepflanzt ward.“ (Hard. IV, 16-18, 50, 56, 59, 98,102)

Papst Stephan IV.

In der Kraft desselben Bewusstseins der höchsten Entscheidungsmacht des apostolischen Stuhles in kirchlichen Dingen, schreibt auch Stephan IV. († 891), nach Konstantinopel:

„Die heilige, römische Kirche ist gleichsam zum Spiegel und Vorbild aller Kirchen gesetzt; wenn sie also etwas definiert, so bleibt es in alle Ewigkeit fest und unerschütterlich.“ – (…) Dem Kaiser, der demungeachtet seinen Wunsch, in Betreff des Photius durchsetzen wollte, antwortete der Papst: „Wir haben uns sehr verwundert, wie du so schreiben konntest; … da du weißt, dass unsere priesterliche und apostolische Würde keineswegs der königlichen Hand untergeben ist; – „rerum tantum saecularium curam gerere debes“, du hast bloß zeitliche Dinge zu besorgen. …

Die Sorge der Herde Christi ist uns übergeben, – und ist um so vorzüglicher, als der Himmel über die Erde erhaben ist. „Gregis cura vero nobis commissa tanto praestantior est, quantum distant a coelo ea quae in terris sunt.“ – Höre den Herrn, der da sagt: „Du bist Petrus etc.“ – Mithin mahnen wir dich, dass du den Dekreten des Apostelfürsten genau nachfolgst. Die Lehre und das Priestertum aller Kirchen hat vom Fürsten Petrus seinen Ursprung erhalten, „Institutio et sacerdotium omnium Ecclesiarum a Principe Petro ortum accepit, per quem et nos sincerissima doctrina monemus omnes et dodemus“, – durch den auch wir in bewährtester Lehre alle ermahnen und lehren. –

Wir sind erstaunt, deine Klugheit so verführt zu sehen. … wer hat dich zum Richter der Bischöfe gesetzt?“ „Obstupescimus dum tuam prudentiam desuctam videmus… quis te Pontificum judicem constituit ?!!“ (Hard. IV. 365)

Auf diese apostolische Vollmacht seines Weltapostolats beruft sich Leo VII. († 939) in seinem Rundschreiben an die sämtlichen Bischöfe, Könige, Herzöge, Grafen etc. per Galliam, Germaniam, Bavariam, Alemaniam.

Die Päpste Agapet II., Johann XIII., Benedikt VI, Benedikt VII.

Dasselbe tun mit nicht minder kräftigen Ausdrücken Agapet II. († 955), Johann XIII. († 972), Benedikt VI. († 974), in seinem Bestätigungsschreiben an Friedrich, Erzbischof von Salzburg und apostolischen Vikarius in Norikum und Pannonien, und Benedikt VII. († 983) in seiner Zuschrift an sämtliche Erzbischöfe, Herzoge, Grafen und Äbte in Deutschland und Gallien, an den Herzog Heinrich von Bayern und an den Kaiser selbst, in welcher er sagt, dass alle Mitpriester von allen grenzen der Erde die Regel und Kraftfülle ihres Amtes von dem Ministerium der römischen Kirche erhalten.

Die Päpste Gregor V., Silvester II., Benedikt VIII., Clemens II.

Auf gleiche Weise äußern sich Gregor V. († 999), ein deutscher Prinz und würdiger Thronfolger Petri. Silvester II. († 1003), vor seiner Erhöhung auf den apostolischen Stuhl Gerbert genannt, und hoch gerühmt. Benedikt VIII. in seinem Schutzbrief an die Bischöfe von Burgund, Aquitanien und der Provence. Clemens II. († 1047) in seiner Urkunde an die Erzbischöfe von Ravenna, Aquileja und Mailand.

Papst Leo IX.

Besonders Leo IX. († 1054) in seinem Urteilsschreiben an die Bischöfe Afrikas, die nach Rom sich an den hl. Vater gewandt: „Wir freuen uns“, sagt er, „dass ihr von der hl. Römischen Kirche, als eurer Mutter, das Urteil verlangt in Betreff eurer Fragen, und zum Urquell euch wenden zu müssen für notwendig erachtet habt; … denn alle größeren und schwierigeren Streitfragen sind durch den heiligen und ersten Stuhl Petri, von dessen Nachfolgern zu entscheiden.“ (…) Dem neuen Patriarchen Petrus von Antiochia, welcher sein Glaubensbekenntnis eingeschickt und dabei Anfragen gestellt, antwortete Leo in derselben Weise, und setzt diese höchst kräftigen, herrlichen Worte bei:

„So bekräftigen es alle ehrwürdigen Konzilien, so die menschlichen Gesetze, – so der Heilige der Heiligen, – der König der Könige, – der Herr der Herrschenden, dass dort die höchste Würde und der ehrwürdige Scheitelpunkt der ganzen kirchlichen Verwaltung hervorleuchte und emporrage, wo das Haupt der Apostel, Petrus, die Auferstehung am jüngsten Tage erwartet!

Nämlich der Einzige, – „Nimirum solus ille“, – für den, auf dass sein Glaube nicht wanke, der Herr versichert, dass er gebetet habe. Welches kräftige Gebet erhielt, dass bisher der Glaube Petri nie abnahm, und dass er auch, wie wir glauben, auf dessen Thron in Ewigkeit nie abnehmen, sondern die, in verschiedenen Glaubensgefahren erschütterten Herzen der Brüder, kräftigen werde, wie er bisher sie zu festigen nie aufgehört. Meine Niedrigkeit also, die deshalb auf die Höhe des apostolischen Stuhles erhöht ward, dass sie, was gutzuheißen, gutheiße, – was zu verwerfen – verwerfe – etc.“

In seinem Schreiben an den Patriarchen von Konstantinopel sagt er: „Was immer für ein Volk der Welt anmaßend von der römischen Kirche abweicht, ist nicht mehr irgendeine – sondern gar keine Kirche zu nennen.“ (…) Was Leo in diesem Schreiben kurz berührte, erörtert er ausführlich in einer seinem Gesandten mitgegebenen Denkschrift an den Patriarchen und seinen Freund Leo von Acrida:

„Nicht durch einen Engel“, heißt es in dieser wahren Denkschrift, „nicht durch einen Propheten, sondern mit eigenem Mund hat der Herr der Engel und Propheten es Petro verheißen: „Du bist Petrus etc. – und habe für dich gebetet.“ „Erit quisquam tantae dementiae?“ – Wird also wohl jemand von solcher Vermessenheit sein, der das Gebet desjenigen, dessen Wollen – können ist, sich erfrechte, in irgendeinem Ding vergeblich zu erachten? Durch welchen Ausspruch der Herr gezeigt, dass der Glaube der Brüder in verschiedentlichen Umständen gefährdet werden würde, jedoch durch den unerschütterlichen, unabnehmbaren Glauben Petri, gleich als mit Hilfe eines festen Ankers gefestigt und in dem Fundament der allgemeinen Kirche gekräftigt werden sollte.“ (…)

Und auf die ganze Masse geschichtlicher Zeugnisse sich stützend, fährt Leo weiter fort: „Sind denn nicht wirklich vom Stuhl des Fürsten der Apostel, das ist, von der römischen Kirche, sowohl durch denselben Petrus, als durch dessen Nachfolger alle Irrtümer der Ketzer verworfen und ausgetilgt, und der Brüder Herzen, im Glauben Petri, welcher bisher nie abnahm, noch in Ewigkeit je abnehmen wird, befestigt worden? – (…) – Von dem Menschen denkt Menschen was ihr wollt – de homine sentite homines quod vultis; aber dass irgendjemand aus Stolz sich etwas gegen unseren apostolischen Stuhl anmaße, dies werden wir nie zugeben; denn, wer immer das Ansehen der römischen Kirche zu schmälern strebt, der hat nicht nur den Umsturz einer Kirche, sondern der ganzen Christenheit im Sinne! (…)

Oder durch wessen andere Hilfe werden die, von irgendeinem erdrückten Tochterkirchen atmen, wenn diese einzige Mutter erstickt ist? Wessen Zuflucht werden sie anrufen?“ Kirchen der ganzen Welt in unseren Tagen, wie fühlt ihr alle so sehr die Wahrheit dieser Erinnerung zu unserer Zeit mehr denn je! – Ist nicht Pius IX. eure einzige Zuflucht?

Die Päpste Viktor II., Stephan IX., Nikolaus II., Alexander II.

So Leo IX. an die Griechen, so dessen Nachfolger Viktor II., Stephan IX., Nikolaus II. „Deshalb, sagt Nikolaus in seinem Brief an Gervasius, Erzbischof von Rheims, „deshalb ist uns das Ministerium Petri vertraut“, „quatenus errata corrigamus“, „dass wir was irrig ist, berichtigen.“

So Alexander II. in der Synode von Rom, welcher die Rechtsanwälte des Kaisers beiwohnten: „Dieses Geschäft“, sagt in selber Synode der Defensor Ecclesiae Romanae, „geht die ganze Kirche an, – nicht nur den Stuhl von Rom – denn so lange dieser steht, stehen die andern auch, wenn dieser als Fundament und Basis aber fiele, muss notwendig der Sturz aller folgen.“ – (…) –
aus: F. X. Weninger SJ, Die Unfehlbarkeit des Papstes als Lehrer der Kirche, 1869, S. 218 – S. 227